Kommentar:Die Macht der Desinformation

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Verschiedenste Interessengruppen reden regenerative Energie schlecht. Es ist das laute Geschrei einiger weniger, die aber den Anschein der Mehrheit zu erwecken vermögen

Von Wieland Bögel

Der Energiewende im Allgemeinen und der Windkraft im Speziellen stellten sich große Widerstände in der Bevölkerung entgegen, so eine oft gehörte These. Eine Umfrage in drei Landkreisgemeinden lässt daran zumindest Zweifel aufkommen. Die Mehrheit der Befragten hat nicht nur keine Probleme mit Windkraft, sondern findet deren Ausbau sogar wünschenswert. Die These von der Windkraftfeindlichkeit indes haben auch die Befragten schon einmal gehört und finden sie plausibel.

Was die Macher der Umfrage nicht überrascht. Nach deren Bekunden seien die Ergebnisse aus Egmating, Oberpframmern und Zorneding sehr ähnlich denen anderer, vergleichbarer Umfragen: Die Befragten unterschätzten die Akzeptanz der Energiewende. Auch das ist selbstverständlich nur eine These, Umfrageergebnisse sind immer mit einer gewissen Unsicherheit belastet. Etwa, dass an einer mit dem Thema Energiewende nur Leute teilnehmen, die ohnehin dafür sind. Oder dass die Zahl der Befragten zu gering sei, um repräsentativ sein zu können. Trotzdem bleibt etwas, das Biologen als Äquivalentbild bezeichnen: keine naturgetreue Wiedergabe, aber etwas, das verlässliche Rückschlüsse erlaubt.

In diesem Fall wäre das eben eine Diskrepanz zwischen der eigenen Meinung und der - vermuteten - Meinung der anderen. Doch warum geht die Vermutung in diese Richtung? Die Antwort lautet: Desinformation. Diese begleitet nicht nur die Energiewende, hier aber ist die Entwicklung besonders gut zu erkennen. Verschiedenste Interessengruppen, von Klimawandelleugnern über Leute, die Windräder einfach nicht schön finden bis hin zu Populisten - meist aus dem rechtsradikalen Milieu - die einfach auf der Welle der Unzufriedenheit reiten wollen, ist alles dabei und noch einiges mehr. Kleiner Einschub: Wer sich jetzt an die Querdenker-Szene erinnert fühlt, ist auf dem richtigen Weg. Interessant ist aber, dass zumindest die Energiewende-Querdenker in mehr als einem Jahrzehnt Agitation ihr Hauptziel offenbar nicht erreicht haben: regenerative Energien per se schlechtzureden. Wo sie allerdings scheinbar erfolgreich waren, ist bei dem Versuch, diesen Eindruck zu erzeugen.

Ein Eindruck, von dem sich ja auch die Politik nur zu gerne leiten lässt, bestes Beispiel ist die 10H-Regel in Bayern, an die sich bis heute keiner herantraut, mit Verweis auf den angeblichen Volkswillen. Der möglicherweise nur ein Popanz ist: lautes Geschrei einiger weniger, die aber den Anschein der Mehrheit zu erwecken vermögen. Ob man diesem Schmierentheater den Vorhang wegziehen kann, könnte sich auch durch Projekte wie das nun im Landkreis laufende zeigen.

© SZ vom 08.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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