Kommentar:Alle wollen, keiner kann

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Die Ankündigungen der Regierung sind letztendlich nicht viel mehr als heiße Luft. Bei deren Umsetzung werden die Institutionen vor Ort nämlich alleine gelassen.

von Anja Blum

Sommerschule", "Brücken bauen". Es sind wohlklingende Worte, mit denen die Bayerische Regierung ihr Engagement für die Corona-geplagten Kinder und Jugendlichen anpreist. Gemeinsam will man sowohl gegen schulische Defizite als auch die Vereinsamung vorgehen. Letztendlich aber sind all die Ankündigungen nicht viel mehr als heiße Luft, das wird nun immer deutlicher.

Denn Ministerium und Co. geben mal wieder nur die Richtung vor, in die es gehen sollte. Verpflichtet wird niemand zu irgendetwas, denn dann müsste man ja tatsächlich erhebliche Ressourcen zur Verfügung stellen. Vielmehr überlässt die Politik die konkrete Ausarbeitung und Umsetzung all der schönen Ideen für Schule und Freizeit in der Praxis den Institutionen vor Ort. Und auf konkrete Unterstützung können dieses dabei offensichtlich nicht bauen. Weder extra Geld noch Personal steht bislang zur Verfügung. Was das bedeutet, wurde nun im Sozialausschuss des Ebersberger Kreistags deutlich: Alle wollen, keiner kann. Kaum ein Angebot steht, das meiste ist noch völlig unklar. Dabei drängt die Zeit.

Beispiel Sommerschule: Dafür soll sich jede Schule eigens um das benötigte Zusatzpersonal bemühen. Lehrkräfte dürfen für das Förderprogramm nicht verpflichtet werden. Das bedeutet: Freiwillige vor! "Um dieses Programm verwirklichen zu können, bitte ich Sie, sich bei mir zu melden, wenn Sie oder Personen aus Ihrem Bekanntenkreis sich für die Mitarbeit in der Sommerschule und/oder für die Unterstützungstätigkeit im neuen Schuljahr interessieren", schreibt eine Grundschulrektorin aus dem Landkreis in einem Elternbrief. Gesucht werden Studierende, insbesondere Lehramtsstudierende, Dozenten von der VHS, pensionierte Lehrkräfte, Fachkräfte der Sprach- und Lernpraxis sowie sonstige fachlich und pädagogisch geeignete Personen. Bezahlt würden diese aus einem vom Kultusministerium bereitgestellten Etat. Doch dass solches Personal in Hülle und Fülle zur Verfügung steht, darf getrost bezweifelt werden. Genauso wie die Hoffnung, dass die Bezahlung üppig ausfallen und somit einen echten Anreiz bieten könnte.

Insofern werden vermutlich die meisten Familien weitermachen wie bisher: ohne Unterstützung. Ohne echte Perspektive. Sommerschule am Küchentisch, Ferienprogramm im Garten. Klingt doch gut.

© SZ vom 01.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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