Gymnasium Kirchseeon:Kunstprojekt mit Flüchtlingen

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Ruta Dressler (li.) und Stefanie Haschler zeigen ein Bild, die Schüler das Memoryspiel, für das die Kontaktgruppe Asyl ein Fotoshooting organisierte. (Foto: Christian Endt)

Kirchseeoner Gymnasiasten nehmen in einer Projektarbeit gängige Ideale unter die Lupe. Bei dieser Gelegenheit entsteht auch ein Memory-Kartenspiel zusammen mit Flüchtlingen

Von Anna Weininger, Kirchseeon

Schön sein, was heißt das eigentlich? Ist eine Frau schön, wenn sie nahtlos gebräunt ist? Oder macht eine vornehme Blässe die Schönheit aus? Fragen, auf die man möglicherweise in Asien eine andere Antwort bekommt als in Deutschland. In dem Kunstprojekt "schön. wie schön." sind Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Kirchseeons dem Begriff auf den Grund gegangen und haben Schönheitsideale historisch, interkulturell und medienkritisch unter die Lupe genommen. Entstanden ist daraus eine kreative Studie zum Thema, die in Form von Collagen, Skizzen, verbalen Analysen und Fotoprojekten in der Aula zu sehen war.

Mit dem Thema "schön. wie schön." wurde das Gymnasium Kirchseeon als eines von fünf bayerischen Gymnasien für ein auf zwei Jahre angelegtes Projekt vom Staatsinstitut für Schulbildung und der Akademie der Bildenden Künste München ausgewählt. Nun zeigten die Projektteilnehmer in einer öffentlichen Präsentation erstmals ihre Ergebnisse. "Im ersten Projektjahr haben sich die Schüler vordergründig mit historischen und kulturell unterschiedlichen Schönheitsidealen der Gegenwart auseinandergesetzt, im zweiten Jahr entstand ein Memory zum Thema Schönheit in Kooperation mit Asylbewerbern", erzählt Ruta Dressler, die gemeinsam mit ihrer Lehrerkollegin Stefanie Haschler das Projekt leitete.

Gebräuntes Model mit Neoprenmaske als interkultureller Vergleich

Methoden wie Bleistiftzeichnungen, verbale Analysen oder digitale Collagen halfen den Schülern, sich bestimmten Schönheitsidealen zu nähern. Skurrile Erkenntnisse aus Fotoanalysen und interkulturellen Vergleichen wurden von den Jugendlichen in eigenen Kunstwerken verarbeitet. So konnte man beispielsweise in der Aula das Foto eines europäischen sonnengebräunten Models mit darüber gezeichneter Neopren-Maske bestaunen - in Anlehnung an eine Schönheitsmaßnahme in China, in der Damen beim Schwimmen die Haut abdecken, um möglichst weiße Haut zu bewahren. "Dadurch entstand so etwas wie eine hybride Kunst", erklärt Dressler.

Wie sich die Medien auf Schönheitsideale auswirken, ist an einigen medienkritischen Analyseprojekten zu sehen. An eine Leinwand in der Aula wurde das Video "Dove Evolution" projiziert, das den Wandel eines herkömmlichen Frauengesichts durch Make-up, Frisur und massive Photoshop-Nachbearbeitung zu einem idealen, aber unnatürlichen Werbeobjekt dokumentiert: Große Augen, langer Hals, schmales Gesicht - doch kaum mehr Individualität. In einer schriftlichen Gegenüberstellung arbeiteten hier die Schüler heraus, was Fassade und was Charakter ist.

Für das Memory haben sich Schüler und Flüchtlinge gegenseitig fotografiert

Der zweite Teil des Kunstprojekts stand unter dem Motto "Schön ist das Bekannte - Schön ist das Fremde". Anlass dieses Themen-Schwerpunkts war die Unterbringung von Asylbewerbern in der Kirchseeoner Schulturnhalle im letzten Jahr. In einem Fotoprojekt haben Schüler der Kontaktgruppe Asyl ein Fotoshooting organisiert und gemeinsam aus den Bildern ein Memory-Spiel entwickelt. Möglich gemacht wurde dies durch eine Projektförderung des Fachverbands für Kunstpädagogik, erzählt Stefanie Haschler.

Leute wie Mustafa, Valid und Mohammed aus Syrien, die in Kirchseeon untergebracht sind, haben sich also gemeinsam mit Schülern und Schülerinnen Gesichtspartien wie Augen oder Mund ausgesucht und sich gegenseitig fotografiert. Entstanden ist ein buntes Memory, das die Schönheit in der Vielfalt entdecken lässt. "Durch die Shootings ist zwischen den Schülern und den Asylbewerbern Vertrauen entstanden", erzählt Sophia Willing (11. Klasse), die gemeinsam mit anderen in der Kontaktgruppe Asyl seit einem Jahr Deutschunterricht anbietet.

Für Mohammed aus Syrien war das Projekt besonders spannend, weil hier viele verschiedene Nationen beteiligt waren, erzählt er. Und das Memory, das die Besucher der Projektpräsentation auch kaufen konnten, ist der Beweis dafür, dass Schönheit aus der Vielfalt entsteht.

© SZ vom 29.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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