Kirchseeon:Rettungsaktion für Vorzeigeprojekt

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Jugendliche erproben verschiedene Berufe: Von dem Erfolg des Projekts haben sich immer wieder auch Politikerdelegationen überzeugt. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Bund kürzt die Mittel für vertiefte Berufsorientierung in Kirchseeon. Landkreis und Gemeinden wollen einspringen

Von Barbara Mooser, Kirchseeon

Es gilt im Landkreis und darüber hinaus als eines der Vorzeigeprojekte für die berufliche Orientierung. Dennoch hat der Bund die Förderung für die vertiefte Berufsorientierung Kirchseeon massiv zurückgefahren. Das Ergebnis: ein jährliches Defizit von 100 000 Euro. Die Gemeinden und der Landkreis wollen dennoch nicht, dass das Gemeinschaftsprojekt des Berufsbildungswerk St. Zeno, des Berufsförderungswerks, der Kreishandwerkerschaft, des Schulamts und der Arbeitsagentur nun einfach ad acta gelegt wird. Sie haben signalisiert, die Finanzierungslücke von 200 Euro pro Schüler zu übernehmen. Allein der Kreis muss dafür 55 000 Euro jährlich ausgeben.

Die Idee ist, dass die Gemeinden die Kosten für die Mittelschüler übernehmen, der Kreis für die Sonderpädagogischen Förderzentren und die Realschule Ebersberg, die als einzige im Landkreis ebenfalls ihren Schülerinnen und Schülern die Berufsorientierungstage ermöglicht. Ganz in trockenen Tüchern ist der Fortbestand des Projekts noch nicht, drei Gemeinden müssen noch zustimmen, 18 haben es bereits getan. Auch der Ausschuss für Soziales, Familie und Bildung (SFB) des Kreistags hat sich in seiner jüngsten Sitzung bereits klar zu der Fortsetzung bekannt. "Ein wunderbares Projekt", schwärmte etwa FDP-Bildungsexpertin Renate Will.

Die vertiefte Berufsorientierung hilft jungen Leuten dabei, herauszufinden, welche Beruf ihnen Spaß machen und für welchen sie auch geeignet sind. Start ist für die Siebtklässler mit einer zweitägigen Potenzialanalyse. Fachleute finden dabei heraus, ob die jungen Leute handwerklich-motorisches Geschick oder räumliches Vorstellungsvermögen haben und ob sie die notwendigen Soft Skills für den Berufsalltag besitzen. Auch ein Intelligenztest und ein persönliches Interview sind Teil des Programms. Es folgt ein umfangreicher praktischer Teil. Fünf Berufe an fünf Tagen heißt es dann für die Jugendlichen, dabei können sie aus zehn verschiedenen Berufsfeldern aus Handwerk, Gewerbe oder Dienstleistung auswählen, die im Berufsbildungswerk oder im Berufsförderungswerk Kirchseeon angeboten werden. Sie können beispielsweise herausfinden, ob Verkaufen ihnen Spaß machen würde, ob sie im Metall- oder Holzbereich ihre Zukunft finden, oder ob sie Interesse an IT und Medien haben. An diese Tage der allgemeinen Orientierung schließt sich in der achten Klasse eine Vertiefungswoche an. In dieser widmen sich die Jugendlichen einem praktischen Projekt in dem gewählten Berufsfeld. Wenn es dann später nochmals darum geht, Praktika zu absolvieren, wissen die jungen Leute schon sehr genau, was ihnen liegt und was nicht. Die Abbrecherquote bei den Pflichtpraktika sei seit dem Bestehen der vertieften Berufsorientierung deutlich gesunken, sagte Kreishandwerksmeister Johann Schwaiger.

Das Finanzierungsproblem ist aus mehreren Gründen entstanden. Zum einen zahlt der Bund seit diesem Jahr keinen Zuschlag mehr für Förderschüler wie bisher. Zum anderen gibt es Zuschüsse nur für die jungen Leute, die das gesamte Programm durchlaufen. Fällt also ein Jugendlicher einen Tag wegen Krankheit aus, fließen für ihn keine Zuschüsse. Auch wenn junge Leute zwischen der siebten und achten Klasse umziehen und daher den einen oder anderen Teil des Programms nicht absolvieren können, können die Organisatoren für sie kein Geld abrufen.

© SZ vom 24.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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