Kirchseeon:Liebe statt Chaos

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Die Schüler der elften und zwölften Klasse proben auch ohne Aufforderungen ihres Musiklehrers regelmäßig für ihr Musical. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Ein P-Seminar des Gymnasiums hat in Kooperation mit dem BR ein eigenes Musical auf die Beine gestellt. Viel Arbeit, aber auch viel Freude stecken dahinter

Von Sandra Langmann, Kirchseeon

Ein brennender Mülleimer, hysterische Schüler, die schreiend im Kreis laufen, und mehrere teils Schwerverletzte. Das ist wohl die Horrorvorstellung eines jeden Pädagogen, der seine Klasse für nur fünf Minuten aus den Augen lässt. Rafael Gütter, Musiklehrer am Kirchseeoner Gymnasium, braucht sich darüber keine Sorgen zu machen, denn seine P-Seminar-Gruppe arbeit nicht nur selbständig, sondern vorbildlich - obwohl er gar nicht anwesend ist. Und das hat einen Grund: Am Freitag führen die Schüler ihr Musical "Viel Klischee und nichts dahinter" auf - und bis dahin muss alles reibungslos über die Bühne gehen.

Anstatt im Musikraum Unfug zu treiben, schieben die Schüler also Stühle beiseite, legen eine CD ein und beginnen mit den Proben. "Um die Choreografie einzustudieren, benutzen wir den Rekorder, beim Auftritt ist dann alles live", erklärt Hannah Schnieders, die für Bühnenbild und Requisiten zuständig ist. Die Musik liefert am Freitagabend das Schulorchester. "Herr Gütter dirigiert die Streicher. Um diese Aufgabe haben wir ihn gebeten", erzählt die 17-Jährige weiter - und spätestens da wird klar, welche Verantwortung die zwölf Mitglieder des P-Seminars tragen. Zwar leitet der Musiklehrer die Gruppe, doch hauptsächlich organisieren, texten und proben die Schüler alleine.

Am Anfang des Schuljahres haben sie sich je nach Interessen in kleine Gruppen aufgeteilt. In Sänger, Texter, Techniker, Organisatoren und so weiter. Für die Vorbereitungen trafen sie sich zwar häufiger in den kleinen Gruppen, doch für ausführliche Besprechungen setzten sich auch mal alle zusammen. "Jedes Projektseminar hat seine eigene Dynamik", sagt Gütter, der schon öfter ein solches geleitet hat. "Und bei diesem habe ich schnell gemerkt, dass die Schüler das Stück selbst erarbeiten wollen." Der Lehrer habe sich tatsächlich "sehr raus gehalten", doch wenn sie Hilfe benötigt hätten, sei er immer zur Stelle gewesen, sagen die Schüler.

Zunächst hatte Gütter sich beim Bayerischen Rundfunk um eine Kooperation beworben, es ging darum, mit Schülern eine professionelle DVD aufzunehmen. "Über die Zusage habe ich mich wirklich sehr gefreut", sagt er. Daraufhin ließ der Lehrer der Gruppe die Wahl zwischen einem bereits bestehenden Musical oder einem neuen, eigenen. Und die Schüler haben sich für die anspruchsvollere Lösung entschieden.

Schließlich wird nicht nur die Musik live sein, die Schüler müssen auch vor Publikum tanzen und singen. Hinzu kommt die ganze Organisation einer solchen Aufführung. Das ist also schon einiges, was sich die Gruppe da vorgenommen hat. "Aber es macht Spaß", sagt Philip Marchner, zuständig für die Pressearbeit und selbsternanntes Mädchen für alles. Der 17-Jährige hat nämlich auch an der Geschichte des Musicals mitgeschrieben. "Als erstes war uns klar, dass es etwas mit der Schule zu tun haben soll", verrät Marchner. "Und in einer Liebesgeschichte kann man Klischees über Mädchen und Jungs am besten verpacken", ergänzt Hannah Schnieders.

So handelt "Viel Klischee und nichts dahinter" von einem beliebten Jungen, der eigentlich alles hat, um von den anderen gemocht zu werden. Doch dann verliebt sich ein Mitschüler, der das genaue Gegenteil von ihm ist, in seine Freundin. Dadurch sind Probleme programmiert... Gespielt werden die drei Hauptrollen von Johanna Schormann, Nikolas Ikonomou und Johannes Dollinger. Dazu hat die Projektgruppe Musikstücke ausgewählt, die teils aktuell in den Charts zu finden sind, teils aber auch wohl eher älteren Semestern bekannt sind. "Es soll für jeden etwas dabei sein."

Damit die Songs auch wirklich sitzen, wird fleißig geprobt. Jenny Böhm setzt sich ans Klavier und stimmt die ersten Töne an. "Kannst du uns bitte sagen, wie es besser klingt?" fragt sie Iris Buchmayer, die das richtige Gehör dafür hat. Die ersten Akkorde ertönen, die Sänger steigen ein. "So klingt es schon richtig gut", bestätigt die 16-Jährige. Sie hat zuvor schon Helena Schormann, die für die Choreografie zuständig ist, unterstützt. Denn hier hilft jeder, wo er nur kann.

In den vergangenen Wochen haben die Schüler drei Mal pro Woche geprobt - oft auch außerhalb der Unterrichtszeit. "Das hat mich selbst verwundert, wie viel die Schüler investiert haben", sagt Gütter begeistert. "Das zeigt, dass das Musical zu ihrem eigenen Projekt geworden ist und es ihnen am Herzen liegt." Die Schüler sind sich einig: "Das ist unser Baby" - doch dem Freitagabend sehen sie durchaus ehrfürchtig entgegen. "Wir sind schon aufgeregt. Hoffentlich klappt alles", sagt Hannah Schnieders. Gütter indes bleibt entspannt: "Es ist ein Schulprojekt. Die Jugendlichen sollen dabei etwas lernen. Wenn also was schief läuft, ist das auch nicht so schlimm." Was zähle, sei die Begeisterung, mit der die Schüler bei der Sache seien. Und wenn sie weiterhin so engagiert proben, kann der Freitagabend nur ein voller Erfolg werden.

"Viel Klischee und nichts dahinter - Das Musical" wird gezeigt am Freitag, 7. Juli, um 19.30 Uhr im Gymnasium Kirchseeon. Einlass ist von 19 Uhr an.

© SZ vom 06.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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