Kirchseeon:Leichte Arbeit

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In Kirchseeon können sich Flüchtlinge gemeinnützig engagieren

Von Christoph Hollender, Kirchseeon

Felix aus Nigeria jätet seit einiger Zeit am Friedhof in Kirchseeon Unkraut und kehrt die Wege. Geld will er für seine Arbeit nicht, es macht ihm einfach Spaß, raus aus der Unterkunft zu kommen. Bei den Kirchseeonern kommt er gut an und auch von der Gemeinde gibt es lobende Worte. Eine bezahlte Arbeit oder eine Ausbildung dürfen Flüchtlinge aber erst drei Monate nachdem ihr Asylantrag gestellt wurde annehmen - vorausgesetzt, für die Arbeitsstelle gibt es keine Bewerbungen eines Deutschen oder eines EU-Bürgers und die Ausländerbehörde willigt ein. Bis dahin vergeht viel Zeit, in der die Menschen eigentlich zum Nichtstun verdammt sind, was viele bedauern. Es sei denn, sie gehen wie Felix einer gemeinnützigen Beschäftigung nach.

In Kirchseeon soll das jetzt unterstützt werden; dafür hat sich der Marktgemeinderat am Montag in seiner Sitzung einstimmig ausgesprochen. Gemeinnützige Arbeit soll in Zukunft unter bestimmten Auflagen für Flüchtlinge möglich werden, die noch keinen Asylantrag stellen konnten oder deren Antrag noch bearbeitet wird. Vorerst sollen zwei Stellen in der Gemeinde entstehen, die allerdings erst noch gesucht werden müssen. Eine gemeinnützige Beschäftigung ist bei sozialen oder kirchlichen Einrichtungen oder bei der Gemeinde möglich. Bürgermeister Udo Ockel (CSU) zeigt sich zwar gewillt, das Ganze umzusetzen, der Rathauschef bleibt dennoch vorsichtig. Erst müsse geschaut werden, wer für welche Beschäftigung in Frage komme. Es müssten Arbeiten sein, "die sonst keiner machen würde", sagte der Bürgermeister. "Wir können keine Beschäftigung anbieten, die anderen dadurch einen Job wegnimmt."

Diese "Sonderarbeiten", wie Ockel sie bezeichnete, seien laut Gesetz auf 20 Stunden pro Woche und insgesamt drei Monate beschränkt. Danach darf ein Flüchtling keine weitere gemeinnützige Beschäftigung mehr ausüben. Für ihre Arbeit bekommen sie eine Aufwandsentschädigung von 1,05 Euro in der Stunde. Auch auf den Vorschlag von Thomas Kroll (SPD), Flüchtlinge als Schülerlotsen einzusetzen, wie es in Ebersberg gemacht wird, zeigte sich Ockel zurückhaltend. Das müsse mit der Schule geklärt werden. Bis Anfang November will die Verwaltung Tätigkeitsbereiche für eine gemeinnützige Arbeit definieren. Vorstellen könne man sich auch, dass interessierte Flüchtlinge im Bereich des Bauhofs beschäftigt werden.

Der Helferkreis Asyl hat den Antrag im Marktgemeinderat gestellt, Asylbewerber, die in Kirchseeon wohnen, im kommunalen Bereich zu beschäftigen. Sonja Naumann, die Sprecherin des Helferkreises, sagte, dass neben der Sprache die Arbeit das wichtigste Mittel für das Gelingen der Integration sei. Der Weg zu einer späteren Arbeits- und Ausbildungsstelle müsse geebnet werden - dazu eigne sich eine gemeinnützige Beschäftigung. Naumann bezeichnet die beiden geplanten Stellen der Gemeinde als schönen Einstieg, hofft aber auf noch mehr Stellen und Möglichkeiten, die Flüchtlinge direkter in das Gemeindeleben einzubinden.

Die Beschäftigung von Flüchtlingen ist eine heikle Angelegenheit. Schnell könnten sie als billige Arbeitskräfte "ausgenutzt werden", so Bürgermeister Ockel. Außerdem könne eine private Beschäftigung der Menschen als Schwarzarbeit belangt werden - zum Nachteil der Flüchtlinge, so Jan Thoms vom Landratsamt Ebersberg. Das schließe natürlich keine "nachbarschaftliche Hilfe" aus. Auch andere Beschäftigungen, beispielsweise im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes, sind möglich - die Idee wurde im Gemeinderat ebenfalls geäußert.

© SZ vom 14.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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