Kirchseeon:Irrfahrten durch Eglharting

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Die Sperrung der B 304 auf 1,7 Kilometern Länge führt am Montag zu absurden Manövern von Auto- und Lkw-Fahrern auf der Suche nach einem Schleichweg

Von Karin Kampwerth, Kirchseeon

Der junge Mann, rotes Poloshirt und Käppi, steht wie ein Verkehrspolizist vor den Eglhartinger Werkstätten am Westring und dreht freundlich Kreise mit dem Arm. Den vielen Auto- und Lkw-Fahrern, die an ihm vorbei schleichen, und die sicher nicht im gegenüberliegenden Discounter einkaufen wollen, will er signalisieren, am Kreisverkehr umzudrehen. Wer sich nicht daran hält, weiß spätestens beim ersten Gegenverkehr im Franz-Xaver-Hamberger-Weg, dass es besser gewesen wäre, den Rat des jungen Mannes zu befolgen.

Während die Sperrung der B304 noch akkut ist, quetschen sich die Autofahrer auf der schmalen Straße von Buch nach Ilching aneinander vorbei, manchmal auch mit einem Ausweichmanöver im Maisfeld. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Montagmorgen in Eglharting. Obwohl seit 14 Tagen große Schilder des Straßenbauamtes Rosenheim entlang der B 304 darauf hinweisen, dass vom 7. August an hier der Straßenbelag erneuert und die Ortsdurchfahrt von Eglharting komplett gesperrt wird, hofft so mancher Autofahrer, vielleicht doch noch durch die Baustelle hindurchschlüpfen zu können.

Unbeirrbare rumpelten in die Fräslöcher

Auf der Kirchseeoner Seite vom Spannleitenberg in Richtung München führte das zu absurden Situationen, wie Kirchseeons Bürgermeister Udo Ockel berichtet. Er war gleich in der Früh an der Baustelle, um sich selbst ein Bild davon zu machen, wie es mit der Sperrung und den Umleitungen klappt. Die ersten Löcher seien bereits in die Straße gefräst gewesen, "da sind dann wirklich welche reingefahren", sagt Ockel, der gleichwohl einräumt: "Mein Mitleid schwang gegen Null."

Die Polizei hilft an der Absperrung bei der Rotbuchenstraße einem Lkw beim Wenden, weil die B304 bereits aufgefräst ist. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Lob hingegen gibt es von Kirchseeons Bürgermeister für die Polizei. Beamte aus Ebersberg hätten die Sperrung begleitet "und manchem Autofahrer mit einer Engelsgeduld erklärt, warum er nicht weiterfahren könne". Einen Lastwagen habe er selber zurückgeschickt. Dessen Fahrer sei ganz überrascht gewesen, als Ockel ihn darauf aufmerksam gemacht habe, dass er bereits an drei Sperrzeichen vorbei gefahren sei. Gerhard Freudenthaler, stellvertretender Dienststellenleiter der Ebersberger Polizeiinspektion, kann wenigstens Entwarnung geben. Einsätze aufgrund von Unfällen hatte es bis Montagmittag nicht gegeben.

Die B304 ist in Teilen aufgefräst - das bringt Unannehmlichkeiten für Autofahrer und Anwohner mit sich. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Dafür aber die eine oder andere brenzlige Situation. Zum Beispiel auf der kleinen Straße, die zwischen Eglharting und Buch nach Ilching führt. Tiefe Reifenspuren fast im Maisfeld lassen darauf schließen, dass sich hier Autos schwer taten, aneinander vorbei zu kommen. In der engen Dorfmitte bei den Pferdekoppeln dann, wo es links nach Eglharting und rechts nach Kirchseeon geht, lassen sich abenteuerliche Rangierversuche beobachten, weil schon der Sprinter eines Handwerkers zu üppige Ausmaße besitzt, um einen normalen Pkw schadlos passieren zu lassen.

Und im verkehrsberuhigten Franz-Xaver-Hamberger-Weg müssen sich Fußgänger sehr schlank machen, weil sich die Autos, manchmal sogar Lkw, durch die schmale Straße ohne eigenen Gehweg drängen. Eine Gassigeherin zieht gerade noch ihren kleinen braunen Mischlingshund von der Fahrbahn, eine andere Frau drückt den Rollstuhl, in dem sie einen Mann schiebt, in einen Gartenzaun, so eng ist es.

Dennoch: Unternehmen kann die Polizei hier nichts, wie Gerhard Freudenthaler sagt. So könne man nicht an jedem Umleitungsschild einen Beamten postieren, der darauf achtet, dass die Verkehrsteilnehmer auch die ausgewiesene Route einschlagen. Und Bürgermeister Ockel räumt ein, dass die Einheimischen natürlich wüssten, wo sie langfahren müssten. Ockel spricht von einer inoffiziellen Umleitung über Riedering und Ilching, hier habe man wenigstens einen Einbahnstraßenring eingerichtet, damit es nicht ganz so eng zugehe. Sorgen bereiteten ihm lediglich die Ortsunkundigen. "Einer fährt, der andere fährt ihm nach und dann stehen sie da und kennen sich nicht mehr aus", so Ockel. "Aber wir haben ja damit gerechnet, dass es am ersten Tag Anlaufschwierigkeiten gibt."

Vielleicht ist der Spuk der gesperrten B 304 sowieso schneller vorbei als geplant. Heute habe Ockel erfahren, dass die Bauarbeiten schon am Donnerstag statt erst Samstag beendet sein könnten.

Bis dahin gilt die offizielle Umleitung, die Richtung Ebersberg über Glonn und Grafing führt. Allerdings ist die Strecke 29 statt zwölf Kilometer lang, 37 Minuten Fahrzeit rechnet Google Maps für den Fall vor, dass kein Verkehr herrscht. Richtung München wird der Verkehr über Anzing geführt, hier sind es 23,5 Kilometer bei einer Fahrzeit von 25 Minuten. Gut zehn Kilometer spart, wer von Anzing durch den Wald am Forsthaus Hubertus vorbei nach Ebersberg fährt. Wer seine Stoßdämpfer liebt, sieht von diesem Schleichweg über die mit Schlaglöchern übersäte Schotterpiste allerdings schnell ab.

Auch auf den Umleitungsstrecken wird gebaut

Kurioses am Rande: Obwohl Grafing auf der offiziellen Umleitungsstrecke der gesperrten B 304 liegt, sah man sich am Montag genötigt, die Glonner Straße wegen Bauarbeiten zu sperren. Ebenso wurde an der Ebersberger Ulrichstraße, über die der Verkehr Richtung München geführt wird, am Gehsteig gearbeitet, was zu einem Engpass auf der Fahrbahn führte. Lkw kamen hier nicht aneinander vorbei, was am Vormittag Rückstaus in beide Richtungen zur Folge hatte.

© SZ vom 08.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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