Ein Eigenheim ist oft mit den Vorstellungen von Freiheit und Unabhängigkeit verbunden. Was die monatlichen Mietzahlungen angeht, mag das ja noch stimmen. Mit der Sorglosigkeit ist es jedoch schnell vorbei, wenn gemeindliche Bebauungspläne ins Spiel kommen. Auch in Kirchseeon regeln diese bis ins letzte Detail, was in einem bestimmten Ortsgebiet errichtet werden darf, und vor allem: was nicht. Einige Bewohner der Marktgemeinde jedoch setzen sich in jüngster Zeit offenbar gehäuft über die Richtlinien in den Bebauungsplänen hinweg. Mit Verweis auf Bezugsfälle in der Nachbarschaft werden dann Gartenzäune oder Carports errichtet - und erst nachträglich die eigentlich nötigen Anträge auf isolierte Befreiung vom Bebauungsplan gestellt. Diesem Trend will der Kirchseeoner Gemeinderat nun entgegenwirken.
Grund für die Debatte waren zwei Gartenzäune, die ein Bewohner im Eglhartinger Weg errichtet hatte. Die Betonung liegt hier auf der Vergangenheitsform, denn die beiden Wände aus Kiefernholz und Kunststoff stehen bereits auf dem Grundstück. Über den nötigen Antrag zur isolierten Befreiung hat der Gemeinderat nun aber erst in seiner jüngsten Sitzung am Montagabend beraten. Ein solcher war nötig, da beide Zäune die eigentlich für das Gebiet festgesetzte Höhe "von maximal 1,20 Meter über natürlicher Geländeoberkante", wie es im Bebauungsplan so schön heißt, überschreiten. Deshalb braucht es hier eine Ausnahmegenehmigung. Eine solche sei in diesem Fall grundsätzlich kein Problem, denn auch ein unmittelbarer Nachbar habe für seinen Zaun bereits eine Genehmigung bekommen, wie Silke Mohs vom Technischen Bauamt erklärte. Es gebe hier also einen Bezugsfall.
Deutlich strittiger als die Genehmigung des Antrags war vielmehr die Vorgehensweise mancher Kirchseeoner Anwohner, die - wie in diesem Fall - Fakten schaffen und den Gemeinderat erst nachträglich mit ins Boot holen. "Es kann nicht sein, dass die Maßnahmen schon fertig sind und wir dann erst darüber entscheiden", sagte etwas Thomas Kroll (SPD). Das sei einfach nicht in Ordnung. Noch deutlichere Worte fand Zweiter Bürgermeister Klaus Seidinger (UWG), der in Abwesenheit von Rathauschef Jan Paeplow (CSU) die Sitzung leitete: "Ich finde das unmöglich. Das geht mir gegen den Strich." Man könne nicht etwas in der Hoffnung bauen, dass man es dann nachträglich schon nicht mehr abreißen müsse. "Das kann sehr teuer werden", so Seidinger.
Damit künftig Bautätigkeiten wieder ihren geordneten Gang - also zuerst die Genehmigung, dann die Ausführung - gehen, will der Markt eine Informationskampagne im Gemeindeblatt starten. Oder, wie es Klaus Seidinger formulierte: "Wir müssen den Leuten sagen, dass das nicht der gewünschte Weg ist." All das in der Hoffnung, dass die Gemeinderäte dann künftig nicht mehr so häufig vor vollendete Tatsachen gestellt werden.