Kirchseeon:Ein Haus - ein Traum!

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Die Gemeinde Kirchseeon hat an der Fritz-Arnold-Straße acht Grundstücke ausgewiesen, für die es zahlreiche Bewerber gab. (Foto: Christian Endt)

Familie Blume hat sich in Eglharting ihren lang gehegten Wunsch erfüllt. Das wurde nur möglich, weil sie günstigen Baugrund im Einheimischenmodell an der Bucherstraße bekam

Von Christoph Hollender, Kirchseeon

Weihnachten 2015: Familie Blume ist glücklich. Sie feiert nicht nur das Weihnachtsfest, sondern die ersten drei Monate in ihrem neuen Zuhause. "Wir fühlen uns in Kirchseeon einheimischer denn je", sagt Jana Blume. Das Einheimischenmodell hat den Traum wahr werden lassen. Und ein wenig dürfen Einheimische in den Gemeinden auch privilegiert behandelt werden, findet die Mutter. Das fördere den Zusammenhalt.

Ein eigenes Haus zu bauen, kann sich nicht jeder leisten kann, besonders in einer Metropolregion wie der rund um München nicht. In Kirchseeon sind die Grundstückspreise im Vergleich zu anderen Gemeinden im Landkreis Ebersberg zwar noch vergleichsweise günstig, aber dennoch so hoch, dass nur wenige den Schritt zum Eigenheim wagen können. Familie Blume traute sich. Aber nur, weil es für sie ein entscheidendes Privileg gab: das Einheimischenmodell der Gemeinde. Ohne dieses wäre ihr Traumhaus ein Traum vom Haus geblieben. Das Modell sieht vor, dass Bürger aus Kirchseeon, die bestimmte Kriterien erfüllen, Bauland vergünstigt erhalten. Wer "Einheimischer" ist, legt die Gemeinde in einem Katalog fest.

Jana und Steven Blume und ihre drei Kinder wohnen seit 15 Jahren in Kirchseeon. Zum Glück für sie: Das Einheimischenmodell sieht vor, dass mindestens einer der Antragsteller wenigstens zehn Jahre in Kirchseeon gewohnt haben muss. Vor gut zwei Jahren hat Kirchseeon acht Grundstücke an der Bucherstraße in Eglharting ausgewiesen - alle sollten im Einheimischenmodell vergeben werden. Anfangs zögerte Familie Blume, sich zu bewerben. Trotzdem zu teuer, Chancen zu gering, zu viele, die sich bewerben: Vieles habe dagegen gesprochen. Doch dann entschied sie doch, es zu probieren.

Jahrelang hatten Blumes versucht, ein Schnäppchen auf dem freien Markt zu machen. Vergeblich. Die Preise für Grundstücke um München seien schier unbezahlbar, sagten sie. Weil sie nicht weg wollte aus Kirchseeon, blieb die junge Familie also in ihrer Wohnung. In der fühlte sie sich auch recht wohl, doch der Traum, ein eigenes Haus zu haben, blieb.

Dass Jana und Steven Blume jemals eine solche Bindung zu Kirchseeon und Bayern aufbauen würden, hätten sie vor 15 Jahren nicht geglaubt. Die zwei 41-Jährigen stammen ursprünglich aus Thüringen. Ihre Berufe haben sie in den Süden gebracht. Steven Blume ist in der Immobilienbranche am Flughafen München tätig und Jana Blume im Berufsförderungswerk Kirchseeon. Es habe nicht lange gedauert, bis Bayern mit seinem ganzen Charme das Paar überzeugte, erzählen sie rückblickend. Ihr Schritt, in Kirchseeon zu bauen, ist sozusagen eine Hommage an den Freistaat.

Herbst 2013: Jetzt oder nie! Familie Blume hat entschieden. Sie wollen sich für ein Grundstück an der Bucherstraße in Eglharting bewerben. Dort hat die Gemeinde Grundstücke zum Vorzugspreis erstanden. Diese sollen dann vergünstigt an ausgewählte "Einheimische" vergeben werden. Durch das neue Viertel schlängelt sich heute die Fritz-Arnold-Straße. "Wir hatten nichts zu verlieren", sagt Jana Blume. Wenn die Familie einen Bauplatz bekäme, sei das gut; wenn nicht, bleibe man einfach in der Wohnung in Kirchseeon. Um sich zu bewerben, musste sich Familie Blume erst einmal im Kriteriendschungel des Vergabekatalogs zurechtfinden. Zwar dürfe sich grundsätzlich jeder für ein Grundstück im Einheimischenmodell bewerben, sagt Kirchseeons Bürgermeister Udo Ockel (CSU), aber es wäre davon abzuraten, wenn wenige oder keine der Kriterien erfüllt werden. Besonderen Vorteil haben Familien. Kinder werden sehr hoch bewertet und bekommen viele Punkte.

"Das war auch unser Vorteil gewesen", sagt Jana Blume mit Blick auf ihre drei Kinder. Der Punkt "Einheimischer" zähle dann doch nicht so viel, sagt sie, vielmehr kommen Kriterien zum Tragen wie Kinder, nicht zu hohes Einkommen, Eltern oder Verwandte, die keine Immobilien in der Gegend besitzen, pflegebedürftige Verwandte in der Gemeinde oder ehrenamtliche Tätigkeit.

Familie Blume kämpfte sich durch den Blätterwald der Bewerbe-Formulare und reichte den Antrag bei der Gemeinde Anfang 2014 ein. "Die Zahl der Interessenten war sicher dreistellig", erinnert sich Steven Blume. Die Chance genommen zu werden also dementsprechend gering. Das Verfahren selbst sei "sehr transparent, offen und professionell" von der Gemeinde ausgetragen worden, loben die beiden. Es sei fair und gerechtfertigt, dass Grundstücke auf diese Art vergeben werden, finden sie. Dass es auch Kritik an solchen Modellen gibt, können sie zwar nachvollziehen, beispielsweise wenn vieles "verdeckt" entschieden werde. Doch in Kirchseeon sei das anders gewesen. Spezlwirtschaft oder eine Vergabe an bestimmte Bewerber, die eine besonders gute Beziehung zum Bürgermeister haben? Weit gefehlt, sagt Steven Blume.

Natürlich gebe es eine gewisse Ungerechtigkeit gegenüber dem freien Markt, Gattin Jana findet das aber "in Ordnung": "Familien mit Kindern werden hier einfach ein wenig geschätzt." In der heutigen Zeit hätten diese immer wieder das Nachsehen, zum Beispiel beim Einkommen, weil nur ein Elternteil arbeiten gehen kann. Zumindest für eine bestimmte Zeit. Deshalb findet Jana Blume dieses Privileg, ein günstigeres Grundstück zu bekommen, für Familien mit Kindern "gerechtfertigt". Der Quadratmeter Grund im Einheimischenmodell an der Bucherstraße koste teilerschlossen in Kirchseeon 275 Euro. Auf dem freien Markt ist es nahezu das Doppelte.

Juli 2014: Im Briefkasten von Familie Blume liegt ein Brief der Gemeinde Kirchseeon. Es ist - der Zuschlag! Familie Blume ist aus zahlreichen Bewerbern für das Einheimischenmodell ausgewählt werden. "Ein Grundstück hatten wir aber deshalb noch nicht", sagt Steven Blume. Acht Grundstücke gab es; Bewerber mit der höchsten Punktzahl bekamen den Vorzug, sich ein Grundstück frei auszusuchen. Familie Blume landete auf Platz sechs. Ihr eigentliches Traumgrundstück war damit bereits vergeben. "Halb so schlimm", hätten beide damals gedacht. Sie wählten eines der übrigen aus. Heute sagen sie: "Wir sind sehr glücklich damit."

Die Freude, dass sie bauen, blieb aber im Sommer 2014 verhalten. Es klinge paradox, sagt das Paar. Sie wollten jahrelang ihr eigenes Haus, hätten geplant, gezeichnet, geträumt. Per Post dann die Nachricht: Sie bekommen ein Grundstück. Der Grund für die Zurückhaltung war aber: "Wir wussten zu diesem Zeitpunkt immer noch nicht, ob die Finanzierung wirklich klappt", sagt Steven Blume. Ein solcher Schritt müsse sehr gut überlegt sein. Der Notartermin rückte näher. Familie Blume verhandelte mit den Banken.

November 2014: Erleichterung für die Familie. Die Finanzierung für das Grundstück und das Haus steht. Denn sobald man einen Grund im Einheimischenmodell erwirbt, muss dieser binnen zwei Jahren auch bebaut werden. Und er müsse mindestens zehn Jahre bewohnt werden, eine sogenannte "Bindungsfrist". "Unser Motto hieß von da an: Wir schaffen das", sagt Steven Blume heute und lacht erleichtert.

Mai 2015: Baubeginn. Es geht rasch. Nachdem Familie Blume das Grundstück gekauft hatte, wurde mit den ersten Baufirmen verhandelt. Dann folgt der Baubeginn. Vieles macht die Familie selber, den ganzen Sommer habe er auf der Baustelle verbracht, erzählt Steven Blume. Das Grundstück ist 375 Quadratmeter groß. Das Haus sei verhältnismäßig zügig gebaut gewesen, die richtige Firmenauswahl war der Schlüssel dazu, so der Vater weiter. Nicht das eigentliche Bauen selbst sei anstrengend gewesen, sondern die Bürokratie drum herum. Aber es hätte sich gelohnt, so das Fazit der Familie.

September 2015: Einzug. Blumes haben es geschafft, der Traum vom Eigenheim ist wahr geworden. "Hier ist unsere Heimat", sagen sich Jana und Steven Blume, als sie einziehen. Der jüngste Sohn meint: "Wohnen wir jetzt für immer auf der Baustelle?" Alle lachen. "Für die Kinder wurde das Haus schnell zu gewohnten Umgebung", wird Mama Jana später sagen.

© SZ vom 25.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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