Kirchseeon:Den Stecker gezogen

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Volle Konzentration: Rafael Gütter, Fachbeauftragter Musik am Gymnasium Kirchseeon, dirigiert seine Schützlinge. Die Schule bietet vom Vor- bis zum Kammerorchester für jeden Instrumentalisten das richtige Ensemble. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Gymnasiasten in Kirchseeon lassen es leise angehen. "Christmas unplugged" überzeugt mit einem hochwertigen musikalischen Erlebnis

Von Carolin Schneider, Kirchseeon

Einmal einen Gang runter schalten, die Stille genießen, den Stecker ziehen. Dann wird es ruhiger - äußerlich wie auch im Inneren. Das Gymnasium Kirchseeon tat bei seinem diesjährigen Weihnachtskonzert genau das: Die Schüler zogen den Stecker und zeigten unter dem Motto "Christmas Unplugged" ihr Können. Mal laut, mal leise, aber immer ganz natürlich, ohne jegliche Verstärkung, musizierten und sangen sie Stücke aus verschiedenen Zeiten und Ländern.

Erstaunlich leise Töne entlockt das Kammerorchester seinen Instrumenten, besonders bei Beethovens "Romanze für Violine und Orchester". Sonja Block als Solo-Violine brilliert bei diesem Stück: Immer schneller bewegen sich ihre Finger über die Saiten, sie scheint mit dem Instrument eins zu werden. Leise und gleichzeitig sehr hoch - teilweise in der zweiten und dritten Lage - spielt sie, die anderen Musiker begleiten sie mit ebenso leisen und träumerischen Klängen. Nur wenig später versetzt das Kammerorchester mit sanften Tönen vom Xylofon die Zuhörer in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, mit der Filmmusik von "La La Land".

Einen Song aus diesem Musicalfilm hatte auch der Mittelstufenchor gewählt: Mit "Audition" sorgen die jungen Sängerinnen und Sänger für Gänsehaut im Publikum. "Ein Hoch auf diejenigen, die träumen" singen sie, begleitet von Clara Bail am Klavier. Der Mittelstufenchor verabschiedet sich mit "Mary, did you know?" in der Version von Pentatonix. Solisten interpretieren den nachdenklichen Text, der Chor begleitet sie mit rhythmischen Geräuschen. Ein Beatboxer gibt dem Ganzen den letzten Schliff - es klingt, als ständen nicht nur die Sängerinnen und Sänger auf der Bühne, sondern mit ihnen eine ganze Band. Ganz großes Kino!

In den Winter entführt das Schulorchester mit dem gleichnamigen Teil von Vivaldis "Vier Jahreszeiten". Mit den Tönen im Staccato symbolisieren die Musiker das Zittern der Zähne an einem kalten Wintertag. Dann wird es wärmer, der Regen beginnt zu fallen: Das Klavier und die Cellisten, die nun ihre Saiten nur noch zupfen, verdeutlichen die Tropfen, die nun immer schneller fallen, bis das Stück in einer wohlklingenden Harmonie endet. In "Ankunft der Königin von Saba" von Händel spielt das Orchester ein lebhaftes Stück. Man kann sich fast schon bildlich vorstellen, wie die Königin in den Palast des Salomos hereinstolziert kommt. Die schnellen Sechszehntel machen den Musikern keinerlei Probleme, konzentriert und mit sichtlicher Freude geben sie das Gelernte wieder.

Dass man auch am Anfang des Lernens schon viel Freude am Musizieren haben kann, beweist das Vor-Orchester. Es spielt "The Prince of Denmark's March", bei dem die Blechbläser triumphieren, und den festlich-fröhlichen "Hanukkah Song" mit so einer Begeisterung, dass man ihnen kleine Unstimmigkeiten sofort verzeiht.

Der Unterstufenchor überzeugt vor allem mit reinen Tönen und strahlenden Gesichtern. Angefangen beim russischen Wiegenlied "Schlaf, mein Kindlein" über "Frosty the Snowman" steigern die Kinder sich immer mehr, bis hin zum fetzigen "Rockin around the Christmas Tree", bei dem sicher der ein oder andere Zuhörer gerne mitgetanzt hätte, wäre die Aula nicht so dicht bestuhlt gewesen.

"Ganz unplugged geht es dann doch nicht", sagt Musiklehrer Daniel Kulzer am Ende des Abends. Denn um den richtigen Sound einer Big-Band zu erreichen, müssen Bass und Gitarre einfach verstärkt werden. Ein Mikrofon braucht auch Saithan Ngamthongkham, die als Highlight am Ende das Spiel der Musiker mit ihrem Gesang bereichert: Julie Golds Ballade "From a Distance" singt sie mit glockenreiner Stimme, die Big-Band begleitet sie außergewöhnlich leise.

Mit ihrem Weihnachtskonzert beweisen die Kirchseeoner Musiker und Musikerinnen, dass es manchmal ganz gut tut, den Stecker zu ziehen und es leise angehen zu lassen. Ein sehr hochwertiges musikalisches Erlebnis, das in den Aulen anderer Schulen seinesgleichen sucht.

© SZ vom 22.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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