Kirchseeon:Abschied auf Bairisch

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Hans Killi aus Kirchseeon hat viele Menschen mit seinen Geschichten begeistert. Nun nimmt er Abschied. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

40 Jahre hat Hans Killi Lesungen gegeben. Nun hört er damit auf

Von Carolin Schneider, Kirchseeon

Wenn Hans Killi am Samstag im Museum der Stadt Grafing Texte zum Thema "Seltsame Weihnacht" liest, tut er das, um "Pfia God" zu sagen. Seit nunmehr 40 Jahren trägt der Kirchseeoner Geschichten in bairischer Mundart vor, etliche davon im Grafinger Museum. Doch nun wird er das letzte Mal vor Publikum seine Stimme erheben. "Ich habe sozusagen Hausarrest", erklärt Killi. "Ich bin für jede Autofahrt auf meine Tochter angewiesen." Die könne ihn aber nicht mehr zu jedem Termin fahren, selbst hinterm Steuer sitzen darf der 82-Jährige nicht mehr. Das sei eine Nachwirkung der Hirnblutung, die er im Januar dieses Jahres gehabt habe - "Gott sei Dank die einzige", sagt er. Viel Glück habe er gehabt, konnte schnell behandelt werden, weshalb man heute von dem Schlaganfall nichts merkt. Immer noch schafft es Killi, einen mit seiner Stimme in eine Geschichte zu ziehen. Die Texte sammelt er sich zusammen: Alle Geschichten, die ihm unterkommen, sortiert er in einen Ordner. Manches schreibt er selbst aus alten Büchern und Zeitungen zusammen - in Schriftdeutsch. Das Bairische kommt ganz von alleine, wenn er beginnt, zu lesen. Nur auf eines muss er achten: Niemals eine Geschichte zweimal ins Programm aufnehmen. "Die Zuhörer sind oft die gleichen", sagt Killi. "Die merken sofort, wenn ich einen Text schon einmal gelesen habe."

Angefangen, in der Öffentlichkeit zu lesen, habe er wegen einer seiner Töchter. Die habe oft Hackbrett-Konzerte gegeben. Während eines dieser Konzerte las er das erste Mal kurze Texte vor. Da habe er Spaß daran gefunden und einfach weitergemacht. Sein Beruf half ihm dabei: "Bei meinem Job bei der Post hatte ich drei Stunden Mittagspause", erzählt Killi. "Da konnte ich die Texte zusammenschreiben und Lesungen vorbereiten." Das fresse nämlich viel Zeit. Für seine letzte Veranstaltung in Grafing habe er sich ungefähr vier Wochen lang vorbereitet. Sowohl besinnliche als auch unterhaltsame Texte hat er ausgewählt. "Die Mischung ist wichtig", sagt Killi. Sonst werde es den Zuhörer sehr schnell langweilig. Aus Gesprächen nach der Veranstaltung weiß Killi, was den Zuhörern besonders gefällt: dass seine Texte anders sind, als die, die man sonst so hört. "Ich übertrage zum Beispiel die Geschichte von Maria und Josef in die heutige Zeit", erklärt er. "Bei der katholischen Kirche kommt das nicht immer so gut an", so Killi weiter. Denn er gebe auch Hintergrundinformationen zur damaligen Zeit, die man in der Bibel nicht finden könne. "Zum Beispiel, dass Maria und Josef gar nicht auf der Suche nach einer Herberge sein konnten", erzählt Killi. "Eine schwangere Frau musste früher da entbinden, wo sie niemand anderes hören und sehen konnte." Wichtig sei ihm aber, dass die Geschichten hundertprozentig stimmten. Deshalb informiert er sich gründlich darüber, bevor er etwas öffentlich vorträgt. "Oft genug wird heutzutage Schmarrn erzählt", so der 82-Jährige. "Und manche Zuhörer wissen über viele Dinge Bescheid. Die würden mir nach einer Lesung auch ganz sicher sagen, wenn etwas falsch war." Gespräche nach den Veranstaltungen entstünden oft, so der Kirchseeoner. Viele Zuhörer würden am Ende auch noch einmal genauer nachfragen. Der Kontakt mit vielen verschiedenen Menschen sei etwas, das er sicherlich vermissen werde. "Durch Auftritte in der ganzen Region lernte ich sehr viele Menschen kennen", sagt er. "Wenn man älter wird, tut es außerdem sehr gut, mit jungen Leuten zusammen zu sein."

Doch nicht nur die Texte müssen ausgesucht und zusammengestellt werden, Killi kümmert sich auch um die Musik. Am Samstag in Grafing wird es vor allem Adventsmusik aus Südtirol sein. "Diese fröhliche Art von Adventsmusik kennt hier fast keiner", erklärt Killi. "Das wird sehr gut ankommen." Aber es gibt noch einen Grund, warum er sich genau diese Musik für seinen Abschied gewünscht hat: Schon vor 40 Jahren, als er gerade erst zu lesen begann, wurde Musik aus Südtirol gespielt. "Das gibt einen krönenden Abschluss", ist sich Killi sicher.

"Stimmungsvolle Adventstunde" mit Texten und Musik, es liest Hans Killi, es spielen die Schwestern Maria und Bernadette Graf, am Samstag, 9. Dezember, um 16 Uhr im Museum Grafing. Eintritt frei.

© SZ vom 07.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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