Kirchheim als Vorbild:Acht für 13 000

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Poings Gemeinderat spricht sich für den Kauf von fünf MVV-Jahreskarten für Senioren aus. Drei weitere Gratis-Tickets sollen der jüngeren Bevölkerung zugute kommen

Von Korbinian Eisenberger, Poing

In Poing soll es künftig möglich sein, auf Kosten der Gemeinde Bus und S-Bahn zu fahren. Zu diesem Zweck hat der Gemeinderat beschlossen, acht MVV-Jahreskarten zu kaufen, mit denen Poings Bürger demnächst bis nach München fahren können. Geplant sind fünf "IsarCard 60"-Tickets für Senioren und drei normale IsarCards für jüngere Passagiere aus Poing. Die Karten werden von der Gemeinde verliehen. Bevor es zum Kauf kommt, soll die Verwaltung ein Konzept für die Ausleihe erstellen.

Poing investiert demnach etwa 5000 Euro in acht Dauerfahrkarten und folgt damit dem Beispiel anderer Kommunen, darunter die Nachbargemeinde Kirchheim im Landkreis München. Den Anstoß dafür gaben zwei Anträge in der Gemeinderatssitzung. Die CSU-Fraktion forderte fünf Senioren-Tickets, die SPD ergänzte in ihrem Antrag drei allgemein verfügbare Tickets. Beiden Anträgen stimmte der Gemeinderat mit großer Mehrheit zu.

Die IsarCard 60 für ist mit einem Stückpreis von 654 Euro pro Jahr günstiger als die allgemeine IsarCard. Mit der nächsten Tarif-Änderung des MVV soll das Seniorenticket allerdings zur "IsarCard 65" werden - was im Umkehrschluss heißt, dass Bahnfahren für die 60- bis 64-Jährigen teurer wird. Geplant ist die Reform laut MVV-Webseite von 15. Dezember 2019 an.

Acht Tickets für gut 13 000 Poinger Bürger, darunter etwa 2800 Über-65-Jährige und 2900 Unter-18-Jährige, das lässt sich aus den jüngsten Demografie-Zahlen auf der Gemeindewebseite überschlagen. Was nach wenig klingt, ist mehr als vorher, dennoch kam im Gemeinderat auch Kritik auf. Der dritte Bürgermeister Günter Scherzl (Freie Wähler) und sein Fraktionskollege Bernhard Slawik äußerten sich skeptisch. Im von der Gemeinde anvisierten Gesamtpaket zur Mobilität in Poing handle es sich bei beiden Anträgen um "Insellösungen", sagte Slawik. FDP-Gemeinderat Wolfgang Spieth bezeichnete die Anträge gar als unsolidarisch. Aus seiner Sicht müsste dann "der ganze MVV für alle kostenlos sein".

Dem ließ der SPD-Fraktionsvorsitzende Peter Maier ein flammendes Gegenplädoyer folgen. Man solle nicht untätig auf große Entscheidungen von oben warten, so Maier. "Wir können Probleme hier vor Ort lösen", sagte er. Bei knapp sechs Euro für Hin- und Rückfahrt zum Arzt ins Poinger Citycenter steige so mancher eben aufs Auto um. "Die Busse wären aber da, sie haben mehr Kapazitäten", sagte Maier.

Was bringt so ein Vorstoß, wenn sich 560 Senioren eine Karte teilen müssen, und von den übrigen Poingern auf eine Karte 3400 Bürger kommen? Nachfrage bei der Gemeinde Kirchheim, wo seit Anfang Januar vier Karten für 13 000 Einwohner bereit liegen, eine gut vergleichbare Gemeinde also. Dort spricht die Verwaltung nach einem Monat von einer "Erfolgsbilanz": Die Nachfrage sei so groß, dass die Gemeinde jetzt vier weitere übertragbare MVV-Zeitkarten zum Ausleihen angeschafft hat. Insgesamt 104 Mal wurden die Kirchheimer Tickets laut Gemeinde im Januar genutzt. Kirchheimer Bürger, Mitarbeiter der Verwaltung und das Personal der Kitas und des Seniorenzentrums können mit einem geliehenen Ticket einen Tag lang das Gesamtnetz des MVV nutzen. Im Gegenzug sollte eine Spende von einem Euro entrichtet werden, am Wochenende werden drei Euro erbeten. An Spendengeld für den Bund Naturschutz und den Landesbund für Vogelschutz kamen so etwa 150 Euro zusammen.

In den Anträgen in Poing begründen beide Fraktionen ihre Ansichten hierzu. Für die CSU ist es dem Wachstum Poings geschuldet, "dass auch die Entfernungen zwischen Wohnung, Geschäften, Praxen und anderen Einrichtungen größer werden". Hinzu kämen die zunehmend hohen Lebenshaltungskosten im Großraum München. Poings Senioren, gerade ohne Auto, würden hier häufig an ihre Grenzen stoßen. Die SPD zielt in ihrer Antragsbegründung vor allem auf die "Verminderung des Individualverkehrs" in Poing. Damit verbunden sei ein Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs - darunter eine direkte Busverbindung von Poing nach Ebersberg und Fahrten zwischen den Gemeinden Pliening und Anzing zu den S-Bahn-Stationen in Poing und Grub.

© SZ vom 12.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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