Kick-off zur neuen Saison:Den Nerv treffen

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Mit einem umfangreichen, vielseitigen Programm will das Kleine Theater Haar wieder ein breites Publikum anlocken

Von Udo Watter, Haar

Wer sich dem Kleinen Theater Haar von der Frontseite her nähert, der darf den Schauwert dieses Jugendstilbaus seit kurzem unverstellt genießen. Einige Bäume, die zuvor den Blick auf das Gebäude teils verdeckt hatten, wurden inzwischen gefällt, nur zwei hohe Exemplare sind im Zuge der Bauarbeiten im Jugendstilpark übrig geblieben, wovon der eine sich auf so schiefe wie dekorative Weise in den Himmel streckt.

Der Vorplatz des Theaters ist also lichter geworden, das Programm für die kommende Spielzeit erneut beeindruckend üppig. "Unser Ziel bleibt: Wir wollen ein vielseitiges Programm anbieten", sagte Theaterchef Matthias Riedel bei der Kick-off-Veranstaltung für die neue Saison, "nicht nur ein Genre bedienen, sondern ein breites Kulturangebot für den München Osten präsentieren". Müsste man trotzdem einen Bereich herausheben, dann fällt die lange Liste der Brettlkünstler auf, die in der Saison 2019/2020 das Theater beehren. Das fängt an mit der Spielzeiteröffnung am 12. September, die der Klavierkabarettist Daniel Helfrich mit "Eigentlich bin ich ja Tänzer" gestaltet, und setzt sich fort über Größen wie Simone Solga, Maxi Schafroth, Sissi Perlinger, Django Asül bis zu Helmut Schleich. Ihre scharfzüngigen Einlassungen werden auch weniger bekannte Protagonisten verlautbaren, die es eventuell zu entdecken gilt: Lucy van Kuhl, Lutz von Rosenberg-Lipinsky oder Florian Wagner. Wenn man noch bedenkt, dass in der Abo-Reihe "Seelen-Art" die Wellküren und Bruno Jonas im Herbst kommen und fürs erste Halbjahr 2020 Georg Ringsgwandl und Christian Springer, dürften für Kabarettfreunde wenig Wünsche offen bleiben.

"Seelen-Art" unterstützt seit vielen Jahren Kulturprojekte für seelisch erkrankte Menschen, die nicht zuletzt mit dem Erlös aus diesen Kabarettveranstaltungen gefördert werden. Das Kleine Theater fühlt sich ja ohnehin der sozialen Kultur verpflichtet, im Sinne seiner Träger: Bezirk Oberbayern, Gemeinde Haar und Sozialpsychiatrisches Zentrum. Das schlägt sich auch nieder in Veranstaltungen wie einem Benefizkonzert des Pianisten Lars David Kellner zugunsten des Klinikums oder auch in der Kooperation mit der Freien Bühne München, wo Schauspieler mit und ohne Behinderung agieren. Ein Ensemble-Mitglied ist Luisa Wöllisch, die jüngst an der Seite von Tom Schilling in der Kinokomödie "Die Goldfische" zu sehen war. "Sie hat gezeigt, dass auch für sie mit Down-Syndrom ein Leben als Schauspielerin möglich ist", freut sich Riedel. Dass das Theater, das ja auch ein schmuckes Café beherbergt, seine Spezialitäten inzwischen von der Rösterei der Lebenshilfe-Werkstatt aus Putzbrunn bezieht, passt dazu.

Als gelernter Trompeter und Orchestermusiker hat der gebürtige Kieler natürlich auch ein Faible für klassische Musik. Die erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem Münchner Pianisten Club und dem Orchester Munich Classical Players wird in Haar fortgesetzt. Maximilian Leinekugel, der Vaterstettener Dirigent und Gründer der Classical Players, wird zwar im kommenden Semester seine Ausbildung in Birmingham fortsetzen, sich aber dennoch die Zeit nehmen, ansprechende Konzertprogramme zu erarbeiten und in der Heimat auf die Bühne zu bringen. Dass der international gefragte junge Cellist Sebastian Klinger nach Haar kommt und dort am 14. September auftritt, empfindet Riedel als besonderen Coup, außerdem freut er sich über das Gastspiel des Quartetts Elbtonal Percussion, da er mit drei der vier Mitglieder in Hamburg studiert hat.

Auch das Musikangebot jenseits der Klassik ist respektabel: Unter anderem kommt in Tim Fischer der wohl bekannteste deutsche Chansonnier, der sonst eher in Berlin oder Hamburg zu hören ist. "Inzwischen traue ich mich auch, so große Nummern zu holen", sagt Riedel. Seit er die Leitung des Theaters im Sommer 2015 übernahm, hat die Zuschauerresonanz eine erfreuliche Entwicklung genommen. Beliebte Gastspiele des Chiemgauer oder Tegernseer Volkstheaters sowie die durchgeknallten Aufführungen der Münchner Volkssängerbühne ("Die machen uns immer die Hütte voll") tragen dazu bei - wobei das Haus überdies Raum gibt für Vorstellungen, die unkonventionell sind und weniger Publikum anlocken: In der neuen Saison wird es etwa philosophische Salons und ein Opern-Impro geben.

Der launige und Entertainment-begabte Riedel ("wir möchten den Nerv des Publikums treffen") kann sich zudem auf ein motiviertes Team verlassen, sodass das Theater gut läuft und mit weiteren Neuerungen aufwartet: Die Homepage erscheint seit Mitte der Woche in neuem Gewand, und es gibt jetzt auch eine Theater-App, mit der man zukünftig gut informiert ist und unter anderem Tickets leichter bestellen kann. Die Frontseite des schönen Hauses schaut selbstverständlich auch am Display gut aus.

Das Theater bietet neben dem Sonderabo "Seelen-Art" ein Wahlabo an: Aus 15 Veranstaltungen kann der Abonnent mindestens acht auswählen. Informationen und die Möglichkeit der Online-Bestellung gibt es über www.kleinestheater.de.

© SZ vom 07.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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