Kabarett in Grafing:Frisch gebügelt

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Charmante Blödelei in der Grafinger Turmstube: Das Duo "Flo und Wisch" will der Damenwelt an die Wäsche. (Foto: Christian Endt)

Das junge Duo "Flo und Wisch" begeistert in der Turmstube mit eindeutigen Zweideutigkeiten

Von Alexandra Leuthner, Grafing

Waschmänner sind sie, Saubermänner allerdings nicht. Alles andere als das - auch wenn sie so tun, als täten sie alles, vor allem die Besorgung der Wäsche und der Küche, ausschließlich zum Wohl ihrer besseren Hälfte - oder einer, die es werden will. Flo chattet sich ganz offenbar als Noch-Suchender allabendlich durch Tinder, während Wisch seiner Holden, so stellt sich im Lauf des Abends heraus, gerade unfreiwillig den Laufpass gegeben hat. Dabei dient das selbst verpasste Label als "Waschmänner" - selbst in Zeiten des Strebens nach sprachlicher Gendergerechtigkeit muss man den Begriff im Gegensatz zum althergebrachten Waschweib fast noch erklären - den beiden österreichischen Kabarettisten Flo und Wisch nur als scheinbar moralisches Denkmäntelchen. Unter dem lässt es sich der Damenwelt ganz wunderbar an die Wäsche gehen - auch an die Schmutzwäsche, wenn es denn sein muss.

Seit bald zwei Jahren sind die beiden Mittzwanziger Florian Roehlich aus Wien und David Krammer aus der Steiermark mit ihrem Programm "Waschmänner" unterwegs, seit mehr als fünf Jahren sind sie inzwischen ein Begriff auf deutschsprachigen Kabarettbühnen, mehr als 300 Auftritte haben sie bereits in den Knochen. Auch den Turm der Stadthalle haben sie schon einmal, im Rahmen einer Mixed-Show, von innen gesehen. Vielleicht haben sie es ja vergessen, dass die Künstler ihre Halbzeitpause in einem "Halbstockschlurf" verbringen müssen und sind deshalb wieder gekommen. Gut erinnern konnten sie sich aber offensichtlich an Grafings Bürgermeisterin. "Wenn er traurig ist der Oberbayer, dann denkt er an die Obermayr", zitiert Wisch, um an das ironisch verpackte Kompliment gleich noch eine Frechheit anzuhängen - des Halbstockschlurfs wegen. "Reisst's des oide Klump doch einfach weg", witzelt er mit Blick auf den Auftrittsort. Offenbar weiß man von der ungewissen Zukunft der Stadthalle selbst im Nachbarland. Was ein Schlurf sei, will sein Partner wissen - und einmal mehr ist die Entscheidung dem Publikum überlassen, ob sich die beiden gerade vom Script entfernen, oder nicht. Ein Schlurf ist halt ein Schlurf, erklärt der Steirer schließlich, "na, in Wien sogt ma des need", gibt sein Partner zurück.

Frotzeln gehört zum guten Ton, und wenn der Vielredner aus der steirischen Provinz dem Wiener Großstadtheini Tipps in Sachen Liebesdingen gibt, kommt das beim Grafinger Publikum fast so gut an wie die immer wieder eingestreuten Songs, die Florian Roehlich am Klavier begleitet - auch wenn sich der ganze Witz des gegenseitigen Argwohns zwischen steirischer Provinz und Wiener Mondäne vermutlich nur einem eingeborenen Alpenländler wirklich erschließt. Was auch für die in die Landessprache übertragenen Songtexte gilt, von denen sich die eine oder andere Textzeile im Orbit des lang gezogenen "e" und des gebeugten "a" verliert. So schlimm ist das aber auch nicht. Die Show lebt von ihrer genderpolitisch unkorrekten, eindeutigen Zweideutigkeit, von ihrer Rasanz und dem Charme der beiden Protagonisten mehr als von fein geschliffener und punktgenauer Prosa.

Recht frech sind sie, die beiden jungen Kabarettisten, wenn sie sich gegenseitig lautstark beschimpfen, den Piefke im Allgemeinen und den Bayern im Besonderen sanft aufs Korn nehmen, und so charmant, dass man die Wolke Pitralon zu riechen glaubt, in die sich der Steirer Märchenprinz eingehüllt zu haben scheint, wenn er sich anschickt, das weibliche Publikum mit seinen Verführungskünsten eines Provinz-Möchtegerns zu betören. "BH-Werte" will er testen und ordentlich die Wäsche bügeln, da reimen sich intime Kontroversen auf harte Fersen, und nicht zuletzt steigen Blutkörperchen in Schwellkörper. Politisch ist das alles nicht, auch nicht bissig, aber sehr spaßig.

In ihrer schönsten Blödelei, mit all ihren Grimassen und Verrenkungen erinnern Flo und Wisch manchmal an die legendären Auftritte von Dean Martin und Jerry Lewis, in der blumigen Unbekümmertheit ihrer Texte ein wenig an die ebenfalls aus der Steiermark stammende Kultband EAV. Dabei bleibt die Selbstironie nie auf der Strecke, die beiden zögern nicht, sich zum Narren zu machen. Florian Roehlich untermalt den Witz mit Rock'n'Roll am E-Piano oder schmalzigen Tönen vom Flügel, während David Krammer den Schnulzensänger gibt. Das macht dem Publikum und auch den beiden so viel Spaß, dass sie selbst so ins Lachen kommen, dass ihnen schon mal ein Witz entgleitet - was sie aber in wunderbarer Spontaneität wieder aufzufangen verstehen. Von wegen "das kann die Pointe jetzt gar nicht mehr erfüllen". Doch kann sie.

Ach ja, ein Schlurf, wer's doch wissen will, ist ein schlecht beleuchteter kleiner Raum. Das sagt man wohl so in der Steiermark.

© SZ vom 16.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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