Jugendgerichtshilfe Ebersberg:Weniger Gewalt

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Bernhard Wacht arbeitet mit straffällig gewordenen Jugendlichen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Weil Parties tabu sind, nehmen die Grenzüberschreitungen ab. Doch das wird nicht so bleiben

Einen Vorteil - neben der Eindämmung des Virus - haben Pandemie-Maßnahmen wie Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen: "Manche Arten von Straftaten sind dann nicht möglich", sagt Bernhard Wacht. Als Teamleiter der Jugendgerichtshilfe in Ebersberg hat er mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen bis 21 Jahren zu tun, die straffällig geworden sind. Im Corona-Jahr 2020 waren das weniger als 2019. So gab es insgesamt 916 Anzeigen, im Vorjahr waren es 1090 gewesen - das entspricht einem Minus von 16 Prozent seit Corona. Am stärksten gesunken ist die Zahl der Anzeigen wegen Gewalt: 107 Delikte in 2020 gegenüber 138 in 2019. Typischerweise fänden solche Fälle bei Jugendlichen unter Alkoholeinfluss auf Parties oder großen Festen statt, so Wacht - die habe es aber alle wegen der Pandemie nicht gegeben.

Hingegen wenig verändert haben sich die angezeigten Betäubungsmitteldelikte. 2020 gab es davon 178, im Vorjahr waren es 193 Fälle. "Wenn die Polizei während der Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen fünf Jugendliche rumsitzen sieht, dann werden sie kontrolliert", erklärt Wacht. Häufig komme es dabei dann zu einem zufälligen Drogenfund. Ist es unter Corona-Umständen aber nicht wesentlich schwieriger, an Drogen heranzukommen? Wacht sagt nur ein Wort: "Internet". Unter jungen Leuten spreche sich schnell herum, auf welchen Webseiten es was zu beschaffen gibt.

Die nackten Zahlen könnten aber durchaus trügen, wie Wacht klar macht. "Grenzüberschreitungen - auch solche, die gegen das Gesetz verstoßen - gehören zum Erwachsenwerden dazu." Wenn Jugendliche das in den vergangenen Monaten wegen Corona nicht ausleben konnten, dann machten sie das eben jetzt. "Gerade Jugendkriminalität zeichnet sich dadurch aus, dass sie spontan geschieht."

Durchaus problematischer beurteilt Wacht, dass gerichtliche Auflagen wie Drogenpräventionskurse über Monate hinweg nicht stattfinden durften. Lange Zeiträume zwischen Delikt und Strafe seien nicht ideal, so der Experte. Ob aber diese Verzögerung zu einer höheren Rückfallquote unter den Betroffenen geführt hat, kann Wacht nicht sagen.

© SZ vom 23.07.2021 / FEJO - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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