Jeder Vierte muss wiederholen:Der lange Weg zum Führerschein

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Auch wenn die Schülerinnen und Schüler in den Fahrstunden gut vorbereitet werden: Es kann dennoch immer wieder vorkommen, dass sie in der Prüfung mit einer Verkehrssituation konfrontiert werden, die sie noch nicht kennen. (Foto: Armin Weigel/dpa)

Immer mehr junge Leute fallen bei den Fahrprüfungen durch. Die Gründe dafür sind nach Einschätzung von Fachleuten aus dem Landkreis vielfältig - von zu ehrgeizigen Eltern bis zu wenig motivierten Fahrschülern

Von Valentin Tischer, Ebersberg

Immer mehr Fahrschüler in Deutschland fallen durch ihre Führerscheinprüfungen. In Großstädten wie München, Hamburg oder Berlin mag dies am Stadtverkehr liegen, aber auch im Landkreis nimmt die Zahl der Durchfaller zu. Die Fahrlehrer des Landkreises sehen hierfür verschiedene Gründe.

Fahrlehrer Werner Schmidt von "De Fahrschui" in Poing und Ebersberg beobachtet, dass die Einstellung der Schüler meist ausschlaggebend ist, ob sie die Prüfung bestehen. Wenn Fahrschüler, wie er es nennt, "freiwillig" in die Fahrschule gehen, also zum Motorrad- oder Lkw-Führerschein, dann liege die Bestehensquote in der Theorie bei mehr als 90 Prozent und in der praktischen Prüfung fast bei 100 Prozent. Anders sehe dies beim Pkw-Führerschein aus, den viele brauchen, um auf dem Land mobil zu sein. Dort liegt die Quote laut Schmidt für theoretische und praktische Prüfung jeweils bei 75 Prozent. Die Fahrschule liegt damit leicht über dem bayerischen Durchschnitt von 74 Prozent.

Laut Schmidt ist der Druck der Eltern meist ein Grund dafür, dass theoretische Prüfungen nicht bestanden werden. Die Schüler müssten neben dem normalen Schulunterricht noch den Fahrunterricht bewältigen, dieser doppelten Belastung seien nicht alle gewachsen. Für die Theorieprüfung hat die Fahrschule ein Computersystem, welches den Lernfortschritt der Schüler überwacht. Wenn ein Schüler vom System als prüfungsreif eingestuft wird und die Prüfung nicht besteht, dann übernimmt die Fahrschule die weiteren Kosten für die Theorie. Die Fahrschüler können aber auch ohne eine entsprechende Einstufung die theoretische Prüfung ablegen, wenn sie es wollen, allerdings nur mit Einwilligung der Eltern. Die Zahl derer, die dann nicht besteht, ist laut Schmidt eindeutig höher. Fünf Schüler mit positiver Einstufung haben 2018 die Prüfung nicht bestanden, ohne positive Einstufung waren es 32.

Im praktischen Bereich ist es gesetzlich vorgeschrieben, dass ein Fahrlehrer nur prüfungsreife Schüler zur Prüfung vorstellen darf, sonst begeht er eine Ordnungswidrigkeit, so Schmidt. Die höhere Durchfallquote liegt für ihn meist am Verkehr. Dieser ist immer mehr geworden und manche Situationen können oft nicht richtig geübt werden. Als Beispiel nennt er einen Schulbus mit Warnblinkanlage. "Das kann man im Unterricht schlecht üben, dass man da mit Schrittgeschwindigkeit vorbeifahren muss. Meist ergibt sich so eine Situation erst in der Prüfung, da kann man den Schülern tausendmal sagen, wie sie fahren müssen", sagt Schmidt. Die meisten Schüler fahren aber trotzdem schneller vorbei und fallen durch. Das Verhalten haben sie sich laut dem Fahrlehrer meist bei den Eltern abgeschaut. Auch sähen einige Schüler die eigenen Fehler nicht ein und wiederholten diese.

Schmidt sieht die Eltern in der Pflicht, keinen zu großen Druck auf ihre Kinder auszuüben. "Die Eltern sagen, wenn die Kinder die Prüfung nicht bestehen: Dann müssen sie die halt zweimal oder dreimal machen. Hauptsache, es geht etwas vorwärts, auch wenn der Fahrlehrer etwas anderes sagt", erklärt Schmidt. Laut Schmidt kommt es ohnehin nicht häufiger als früher vor, dass praktische Prüfungen beim ersten Mal nicht bestanden werden. Die Prüfungswiederholer, die auch die zweite oder dritte Prüfung nicht bestehen, trieben stattdessen die Statistik in die Höhe. Diese Aussage bestätigen auch die Zahlen des Kraftfahrtbundesamtes. So ist die Zahl von theoretischen Wiederholungsprüfungen in Bayern im Jahr 2017, im Vergleich zu 2014, um rund 32 Prozent gestiegen, während die Gesamtzahl der Prüfungen nur um etwa elf Prozent gestiegen ist. Im praktischen Bereich hat die Zahl der Wiederholer um elf Prozent zugenommen, während die Gesamtzahl nur um acht Prozent gewachsen ist.

Mike Kliese von der gleichnamigen Fahrschule in Ebersberg und Kirchseeon bestätigt den allgemeinen Trend, dass immer mehr Prüfungen nicht bestanden werden. Er kann ihn in seiner Fahrschule aber nicht beobachten, sagt er: "Insgesamt ist das schon so, aber bei uns speziell ist das nicht so."

Die Gründe für das häufigere Durchfallen sieht Kliese bei den Schülern. Er beobachtet, dass sich der Schlendrian bei vielen Schülern einschleicht. "Die Schüler stehen nicht mehr so dahinter, den Führerschein zu machen. Wenn sie die theoretische Prüfung nicht schaffen, dann sagen sie meistens: Na gut, dann halt beim nächsten Mal", so der Fahrlehrer. Oft müssten solche Schüler die Kosten für ihre Ausbildung und Prüfung nicht selbst bezahlen. "Das nimmt dann auch den Druck, die Prüfungen bestehen zu müssen", sagt er. Deswegen werde die Fahrschulausbildung vieler auch immer länger: "Es gibt Leute, die brauchen teilweise über ein Jahr, um den Führerschein zu machen. Das kann man auch in einem Vierteljahr schaffen."

Ganz alleine die Schüler will Kliese aber nicht verantwortlich für die vielen nicht bestandenen Prüfungen machen. In seiner Nebentätigkeit als Seminarleiter zum Punkteabbau und für auffällig gewordene Fahranfänger beobachtet er, dass die Ausbildung mancher auch nicht die beste ist. "Die Ausbildung lässt hier und da zu wünschen übrig. Manchmal sitzen bei mir Leute, die sagen, dass ihnen so etwas noch nie gesagt wurde, wenn man ihnen einfache Sachen erklärt", meint Kliese. Manche Schüler würden zur Prüfung geschickt, obwohl sie dazu noch nicht bereit seien.

© SZ vom 22.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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