In der Pfarrkirche:Spontan bis zur späten Stunde

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Ensembles der Vaterstettener "Chornacht" singen und spielen sich in die Herzen der Zuhörer

Von Amelie Hörger, Vaterstetten

20 Minuten ist keine lange Zeit. So lange dauert gerade mal ein Drittel eines Eishockeyspiels. Oder auch die S-Bahn-Fahrt von Ebersberg nach Zorneding. Trotzdem kann man auch in nur 20 Minuten eine überzeugende musikalische Performance auf die Bühne bringen - das beweist die Vaterstettener "Chornacht" wie keine zweite Veranstaltung. Denn dort haben alle teilnehmenden Chöre und anderen musikalischen Ensembles lediglich diesen kurzen Zeitrahmen, um ihr Können zu präsentieren und die Zuhörer auf eine musikalische Reise mitzunehmen.

"Es gab dieses Jahr sehr viele Chöre, die Interesse hatten", sagt Christian Peter, Moderator und einer der Mitbegründer der Chornacht. Sogar einige Absagen hätten sie deswegen verteilen müssen, so Peter. Einer der erstmals zu hörenden Chöre ist das Ensemble di Capello aus Haar unter der Leitung von Andreas Obermayer. Mit einer Collage aus Liedern von skandinavischen Komponisten, sauber intonierter A-cappella-Musik und ab und an gekonntem Einsatz von Schellen und Percussion können die Sängerinnen und Sänger stürmischen Applaus ernten. Somit sei die Einladung für die nächste Chornacht in zwei Jahren schon ausgesprochen, wie Regina Mayer direkt im Nachhinein andeutet.

Musiziert wird für den guten Zweck. (Foto: Christian Endt)

Sie ist die neue Moderatorin neben Veteran Peter, nachdem die langjährige Organisatorin der Chornacht Ursula Halbritter aufgrund zu großer beruflicher Belastung ihren Abschied genommen hatte. Noch ein wenig nervös, aber immer mit einem Lächeln auf den Lippen, führt Regina Mayer durch den Abend - und strahlt dabei jene Leidenschaft aus, die man sich bei einer ehrenamtlichen Veranstaltung zugunsten eines guten Zwecks erhofft. Dieses Jahr gehen alle Erlöse aus der Chornacht zum einen an den Verein "Ofenmacher", der es sich zur Aufgabe gemacht hat, in Entwicklungsländern auf der ganzen Welt Lehmöfen zu bauen, und zum anderen an die Tagespflege der Nachbarschaftshilfe in Vaterstetten.

Vor der Kirche, aber auch in den schon von Beginn an rappelvollen Bankreihen ist viel Schwarz zu erkennen: die Trendfarbe der Chorsänger. Denn man freut sich nicht nur auf seinen eigenen Auftritt, sondern will sich natürlich auch die Darbietungen der Kollegen nicht entgehen lassen. Und so ist es nicht verwunderlich, dass ab und an aus den Reihen auch einmal ein Raunen und leises Flüstern zu hören ist: "Das Stück hab ich auch schon gesungen, das ist echt schwer". In diesem Fall bezogen auf den Funchor, der praktisch zum Inventar der Chornacht gehört, und seine klangvolle Version des Beatles-Songs "Blackbird".

Jede Menge Musik gibt es bei der "Chornacht" in der Pfarrkirche, unter anderem von den "Singing Friends". (Foto: Christian Endt)

Doch nicht nur Chöre, auch andere musikalische Beiträge finden im Programm ihren Platz. So die Mezzosopranistin Camilla Bull mit Paolo Troian am Klavier, die zweimal auftreten dürfen und mit sehnsüchtigen Tönen aus "My Fair Lady" ("I could have danced all night") und dem "Zauberer von Oz" ("Somewhere over the rainbow") verzaubern. Ebenso wie das Jazzduo aus Klaus Grünfelder am Saxofon und Christian Doll am Piano, die mit Songs von Legende Keith Jarrett überzeugen.

Nicht so lange wie sonst müssen die Zuschauer dieses Mal auf den Don-Camillo-Chor warten, der sich schon häufig bis nach Mitternacht gedulden musste. Zu Ehren des 25-jährigen Bestehens des Chores und "auf eigenen Wunsch", wie Christian Peter betont, habe man den Auftritt der Vaterstettener dieses Mal ein Stück weiter nach vorne verlegt. So kommt das voll besetzte Kirchenschiff schon um viertel nach zehn in den Genuss dreier Stücke, die das sonst recht kirchenliederlastige Programm ein wenig auflockern. Songs wie "So cruel" von U2 oder auch Peter Gabriels "Digging in the dirt" sind zwei Highlights an diesem Abend, wobei die Don-Camillos wieder einmal zeigen, wie gut sie das Spiel mit der Dynamik beherrschen.

Doch nicht nur die alten Hasen wie Don Camillo oder der Chor A cappella! aus Zorneding werden stürmisch gefeiert. Denn wie ein Zuschauer, der schon einige Male bei der Chornacht zu Besuch war, treffend zusammenfasst: "Das Tolle an diesem Abend ist, dass es immer wieder neue Sachen gibt." Zum Beispiel eine Kombination aus Alphorn (Dieter Schmidbaur) und Piano (Rudolf Sosnowsky). Oder auch der Chor Surprise of Voices, dessen Leiter Philipp Weiß nach Mitternacht noch einmal richtig Stimmung macht. Bei "Oh happy day" sprintet er beinahe durch den Mittelgang der Kirche und animiert die zu diesem Zeitpunkt schon leicht müde drein blickenden Zuschauer zu einer spontanen Klatsch- und Gesangseinlage. Zurück bleibt eine begeisterte Menge. Spätestens hier ist es also bewiesen: 20 Minuten reichen definitiv aus, um ein Publikum wie dieses zu überzeugen.

© SZ vom 09.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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