In der Kreisklinik Ebersberg:Von Herz zu Herz

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Lydia Reis ist Heilpraktikerin und möchte Herzpatienten vor Depressionen bewahren. (Foto: Privat)

Lydia Reis hat eine Selbsthilfegruppe gegründet

Von Nathalie Stenger, Ebersberg

"Herzpatienten sind mein Herzensprojekt", sagt die Heilpraktikerin für Psychotherapie Lydia Reis. Da ist es nicht verwunderlich, dass sie ihre ganze Energie in ihre neu gegründete Selbsthilfegruppe steckt. Diese heißt: "Herz-Selbsthilfegruppe in der Kreisklinik Ebersberg Hand in Hand - gemeinsam füreinander da" für Herzpatienten und trifft sich erstmals am 8. Januar, und dann jeden zweiten Mittwoch im Monat, von 18 bis 20 Uhr, in der Kreisklinik Ebersberg.

Lydia Reis weiß, wovon sie spricht. Die 45-Jährige war in ihren ersten vier Lebensjahren regelmäßig Patientin im Deutschen Herzzentrum in München. Obwohl sich ihre Krankheitsbilder relativ gut entwickelt hatten, wurde 2007 ein Eingriff in Form einer Aortenklappen-Operation notwendig. Als junge Erwachsene erfuhr die gebürtige Rosenheimerin am eigenen Leibe, wie sehr eine so schwierige Operation die Psyche belasten kann. Nach ihrem Rehabilitationsaufenthalt suchte sie sich deshalb therapeutische Unterstützung. Heute ist Lydia Reis Heilpraktikerin für Psychotherapie und hat eine eigene Praxis in Kirchseeon, in der sie unter anderem auch viele Herzpatienten betreut.

Ihrer Meinung nach müsse der Psychokardiologie - der Schnittstelle zwischen Psyche und Herz - mehr Bedeutung zugemessen werden. Während es bei Krebspatienten gängig sei, therapeutische Unterstützung nach der Diagnose in Anspruch zu nehmen, sei die Psychokardiologie eine eher neuere Entwicklung, die besonders in ländlicheren Gebieten erst noch bekannt werden müsse, sagt Reis. Es würden zwar Herzsportgruppen beispielsweise in Grafing und Vaterstetten angeboten, jedoch bestehe nicht wirklich die Möglichkeit, sich auf der psychischen Ebene mit anderen Herzpatienten auszutauschen. Dabei sei gerade das sehr wichtig, betont die Heilpraktikerin: "Aus Depressionen können bekanntlich Herzkrankheiten werden, aber aus Herzkrankheiten können sich ebenso Depressionen entwickeln. Denn unbehandelte Ängste, wie sie etwa nach einer Herzoperation im Raum stehen, können sich selbständig machen und auf die psychische Gesundheit auswirken."

In der Landeshauptstadt gibt es bereits mehrere Möglichkeiten, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen, beispielsweise in der Selbsthilfegruppe Herz ohne Stress im Klinikum rechts der Isar unter der Leitung von Helmut Bundschuh. Reis nimmt seit vielen Jahren an den Treffen teil und weiß deshalb, worauf sie bei ihrer eigenen Selbsthilfegruppe in Ebersberg achten möchte.

Für die Therapeutin aus Kirchseeon ist eines besonders wichtig: Auch Angehörige sind bei ihren Gruppentreffen willkommen. Denn es seien ja nicht nur die Patienten, deren Leben auf den Kopf gestellt werde, stellt Reis klar, sondern auch die Familienmitglieder, die sich mit der neuen Situation auseinandersetzen müssten. Außerdem sei alles unverbindlich.

Entgegen der oft verbreiteten Annahme, dass Selbsthilfegruppen oft unangenehm seien und man sofort mit wildfremden Menschen seine persönlichen Gedanken teilen müsse, will Reis einen Ort schaffen, an dem sich alle wohlfühlen. Man dürfe so viel von sich erzählen wie man wolle, aber auch erst einmal einfach nur zuhören, betont sie. Reis selbst wird die Gruppe leiten und bei Bedarf fachliche Unterstützung von Kardiologie-Chefarzt Martin Schmidt von der Kreisklinik Ebersberg erhalten.

© SZ vom 02.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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