In der Grafinger Stadthalle:Tanz mit der Trompete

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Heinz Dauhrer lebt für den Jazz und spielt am Sonntag beim "Traditionellen Jazz & Swingbrunch"

Von Alexandra Leuthner

Mittlerweile kann man mit Heinz Dauhrer auch mal eineinhalb Stunden in einem Café sitzen, ohne dass sein Handy klingelt und ihn zum nächsten Auftritt holt. "Das mag ich auch nicht mehr", erklärt der Musiker mit Nachdruck. Doch ganz leise, gewissermaßen zwischen seinen oft so lapidar gesetzten Zeilen, mag ein bisschen Melancholie heraus zu hören sein, wenn er von den "wilden Zeiten" erzählt, in denen er mit Udo Lindenberg gespielt hat. Oder mit Harald Juhnke, der Spider Murphy Gang, dem Orchester Hugo Strasser, Patrick Lindner oder, oder, oder. Nächtelange Auftritte und Sessions, wochenlange Tourneen, immer auf dem Sprung von jetzt auf gleich, so sah für den in Siegsdorf geborenen Trompeter das Leben aus bis seine Kinder auf die Welt kamen. Sein zweites Leben eigentlich.

Nach dem Abi hatte Dauhrer auf Wunsch seiner Eltern erst einmal "etwas Vernünftiges" gelernt "Einzelhandelskaufmann" erzählt er, und die veränderte Klangfarbe in seiner sonst recht entspannt in Dur daher kommenden Stimme macht klar: Darin lag für den jungen Mann, der mit zwölf Jahren begonnen hatte zu musizieren und mit 17 Jazz zu spielen, keine Zukunft. "Das war ein anderes Leben, nichts, das mich weiter inspiriert hätte."

Inspiriert hat Heinz Dauhrer, der in diesem Jahr 60 wird, immer der Jazz, speziell traditionelle Jazzmusik, "tanzbarer und hörbarer Jazz, wie er dort klang, wo der Jazz herkommt, nämlich aus den gewissen Etablissements und Tanzveranstaltungen", erklärt er. "Das ist es, was ich am liebsten mag." Und so liegt es nahe, dass der Trompeter auch die Ebersberger Jazztage mit einem entsprechenden Auftritt bereichern wird. Zum "Traditional Jazz & Swing-Dance", laden Dauhrer und Musikerkollegen an diesem Sonntagvormittag in die Stadthalle Grafing, "zum ersten Mal, dass unser Jazz-Festival das macht, das finde ich als lokaler Musiker super", sagt er. Eigentlich gebe es diese Spielart des Jazz, bei der die Musik in direktem Kontakt zum Publikum entstehe, seit der Swing-Zeit der 20er Jahre kaum mehr.

Heinzr Dauhrer hat nicht nur eine Vorliebe für Swing, sondern auch für die Instrumente, auf denen er gespielt wird. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Klar, Dauhrer, der Gesellschafter der München Swing GbR ist, hat sich dieser Musikrichtung mit Haut und Haaren verschrieben, er zählt begeistert die Musiker auf, die ihn in der Stadthalle begleiten. Von Till "Tillonius" Wagner am Piano, Werner Schmitt (Schlagzeug), Bernhard Ulrich (Klarinette), Hans-Heiner Bettinger (Posaune) bis Andreas Kurz (Kontrabass). Unterstützt werden die Musiker nicht nur kulinarisch - es gibt einen Spezialitätenbrunch -, sondern auch visuell: von der Showtanzgruppe Isar-Hoppers, mit einer Performance. "Die werden auch mittanzen, wenn das Publikum tanzt, und vielleicht den einen oder anderen Tanzschritt erklären." In der Schweiz, erzählt der Trompeter, der heute in Berganger wohnt, habe der Swing-Brunch eine weitaus längere Tradition, aber der Jazz in der Region könne so vielleicht ein neues Publikum erreichen. "Ein Publikum, das nicht unbedingt zu diesen intellektuellen, Gehörtraining erfordernden Veranstaltungen gehen mag", sagt er - ein wenig ketzerisch, aber mit viel Augenzwinkern.

Bevor Heinz Dauhrer also sein drittes Leben, das eines Familienvaters begann, in dem er neben seiner Konzerttätigkeit als Lehrer für Blechblasintrumente und Ensemble am Gymnasium Höhenkirchen und in der 3Klangmusikschule arbeitet, lebte er ausschließlich von der Musik. 100 Auftritte im Jahr absolvierte er mit dem Hugo-Strasse-Orchester, als Teil der Veterinary-Jazz-Band war er Teil der ZDF-Knoff-Hoff-Show und immer auch im Abspann zu sehen. Mit der Band spielt er heute noch jeden Donnerstag im Münchner Wirtshaus zum Isartal. In Sonnenhausen macht er demnächst mit dem Pianisten Matthias Bublath Mittwochsmusik. Mit "Ecco di Lorenzo and his Innersoul" steht er regelmäßig auf der Bühne, arbeitet als Dozent für ein Schweizer Jazzfestival und geht in der Schweiz und im nächsten Jahr auch in Süddeutschland mit einem Teachers All Star Ensemble auf Tournee.

Das klingt immer noch nach einem vollen Terminkalender, aber Dauhrer sagt, "heute mache ich nur noch, was mir Spaßmacht". Früher, in Zeiten in denen er als Mietmusiker unterwegs gewesen war, sei am Freitag die Anfrage gekommen, "kannst du morgen Abend spielen. Das kann man mit zwei Kindern nicht machen", sagt er, und erzählt die Geschichte von jenem Anruf, der ihn im Jahr 2000 bei einer Segeltour in der Nähe von Elba erreichte: "Das Management von Natalie Cole war dran." Ein paar Tage später traf er die Jazz-Sängerin beim Tollwood in München und ging anschließend vier Wochen mit ihr und ihrer Band auf Tour. Wilde Zeiten waren das.

© SZ vom 11.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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