Im Forsthof:Verhärtete Fronten

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Befürworter und Gegner des neuen Gewerbegebiets nutzen die Infoveranstaltung, um die eigenen Argumente vorzustellen. (Foto: Christian Endt)

Bei einer Infoveranstaltung streiten sich Befürworter und Gegner des neuen Gewerbegebietes am Anzinger Friedhof

Von Jessica Morof, Anzing

Ein empörtes Raunen ruckte durch den voll besetzen Saal im Anzinger Forsthof und Bürgermeister Franz Finauer (UBA) hielt es nicht mehr auf seinem Sitz. "Jetzt reicht es aber", polterte er über die Köpfe der Gäste hinweg. Seit Jahren stehe er in Verhandlungen mit Unternehmen, Grundstückseigentümern und Verwaltung für ein neues Gewerbegebiet, das alle glücklich machen soll. Und nun müsse er sich anhören, den einfachsten Weg gegangen zu sein. "Den Schuh ziehe ich mir nicht an."

Seine Kritik richtete sich an Ulrich Fröde und den Agenda-Arbeitskreis Ortsgestaltung (AK). Dieser hatte am Donnerstagabend eingeladen, um über ein mögliches Bürgerbegehren gegen das geplante Gewerbegebiet nördlich des Friedhofs zu informieren. Und um ein Stimmungsbild der Anzinger zu den aktuellen Plänen einzuholen. Klares Ergebnis: Die Stimmung ist auf dem Tiefpunkt; die Fronten sind verhärtet und alle Beteiligten unzufrieden, wenn nicht gar verfeindet. Dass es irgendwann eine einvernehmliche Lösung geben wird, scheint aktuell eher unwahrscheinlich.

Auslöser für den fortwährenden Streit ist das geplante Gewerbegebiet für ortsansässige kleine Unternehmen nördlich des Friedhofs. Auf dem etwa 10 000 Quadratmeter großen Areal soll der Discounter Lidl, der bisher westlich der Erdinger Straße sitzt, neu und größer bauen, die ortsansässigen kleinen Unternehmen, für die die neue Gewerbefläche entstehen soll, würden sich dann auf dem bestehenden Lidl-Grundstück ansiedeln.

Gegen den Standort ist der AK, unterstützt von den Anzinger Grünen. Deswegen gibt es die Überlegung, ein Bürgerbegehren zu starten. In der einführenden Ansprache wiederholte Fröde seine Argumente gegen den Standort, etwa den Naturschutz und den benachbarten Friedhof. Natürlich wolle man den Anzinger Unternehmen mehr Gewerbefläche anbieten, betonte er allerdings auch. Nur eben nicht an diesem Standort. Alternativen, die er vorschlug - wie die Erweiterung des Gewerbegebiets Nord in westlicher Richtung oder im Bereich Ziegelstadel - sind entweder baurechtlich nicht möglich oder ebenfalls bei Bürgern unerwünscht.

Außerdem meldeten sich einige der anwesenden Gemeinderäte zu Wort und auch der Geschäftsführer der Lidl-Filiale, Sebastian Theiling, erklärte sich. Auf die andere Seite der Straße ziehe man lediglich um, weil der ursprüngliche Plan mit mehreren kleinen Gebäuden nördlich des Friedhofs auf so heftige Kritik gestoßen sei. Man habe helfen wollen.

Je länger die Veranstaltung dauerte, desto ungehaltener wurden die Gäste. Immer wieder riefen sie ihre Meinung - sowohl für als auch gegen das Gewerbegebiet - durch den Raum, ließen andere nicht aussprechen, lachten über Argumente der Gegenseite, äußerten sich herablassend oder wütend. Die Stimmung schaukelte sich hoch, schließlich warfen die Mitglieder des Arbeitskreises dem Gemeinderat noch, dass man bereits 2012 beim Erstellen des Flächennutzungsplans an das Gewerbe hätte denken und ganz anders planen müssen. Nun mache man es sich mit der Lösung nördlich des Friedhofs zu einfach. Der Gemeinderat müsse weiter nach einer besseren Lösungen suchen.

Von dieser waren die Anzinger noch weit entfernt, als Fröde die Diskussion mit einer Abstimmung abbrach, wer für und wer gegen die aktuelle Planung sei. Etwa 25 Gäste sprachen sich für ein Bürgerbegehren gegen das Gewerbegebiet aus. Auf die Gegenfrage hoben ähnlich viele die Hand - inklusive der Gemeinderäte, die Fröde vorher gebeten hatte, sich zu enthalten. Und dann stürmten fast alle aus dem Saal, zurück blieb ein nur mäßig schlauerer Arbeitskreis. "Wir werden uns erst noch mal beraten", sagte Fröde im Anschluss. Aber es sei wahrscheinlich, dass man ein Bürgerbegehren wagen wird, berichtet seine Mitstreiterin Roswitha Hacke.

© SZ vom 01.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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