Im Anzinger Rathaus:Ein teures Stück aus der Werkstatt des Bruders

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Anzings Bürgermeister hat sich einen Schreibtisch für mehr als 7000 Euro machen lassen. Das gefällt nicht jedem.

Anja Blum

In Anzing sorgt derzeit ein Büromöbel für Aufregung: Bürgermeister Franz Finauer (UBA) hat im Zuge der Sanierung des Rathauses einen neuen Schreibtisch bekommen - der 7198 Euro gekostet hat. Da wittert so mancher freilich sogleich eine Verschwendung von Steuergeldern. Hinzu kommt, dass der Tisch vom Bruder des Bürgermeisters, dem Anzinger Schreiner Martin Finauer, hergestellt wurde. Der zweite Vorwurf der im Raum schwebt lautet also: Vetternwirtschaft.

Als ehemaliger Schreiner ist Anzings Bürgermeister Franz Finauer stolz auf seinen neuen Schreibtisch. Übertriebener Luxus aber sei das nicht. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Zumindest verwundert über den Preis ist wohl auch der ein oder andere Anzinger Gemeinderat: Wie Reinhard Oellerer berichtet, wurde die Einrichtung des Bürgermeisterzimmers im Gremium nämlich nicht besprochen. "Sonst hätte ich bestimmt nachgefragt, ob das nicht billiger geht", so der Grüne.

Franz Finauer selbst indes kann nichts Unrechtes an seinem neuen Schreibtisch finden - im Gegenteil, er sei sogar stolz auf das gute Stück, sagt er. "Beim Tag der offenen Tür habe ich selbst die Besucher darauf hingewiesen", erzählt der Bürgermeister. Schließlich habe er das Möbel selbst entworfen, von der Zeichnung bis hin zur Auswahl des Holzes. "Als Schreinermeister und langjähriger Lehrer an der Meisterschule wollte ich eben etwas, das Qualität hat und meiner beruflichen Herkunft entspricht", so Finauer. Und bei dem Auftrag an den Betrieb seines Bruders, der einzigen Schreinerei in Anzing, habe er eben gewusst, dass "es gut wird".

Nun sei der Schreibtisch in seiner gebogenen Form dem Zimmer angepasst, beherberge die ganze Bürotechnik und erfülle seine repräsentative Funktion, erklärt der Rathauschef. Außerdem werde das Stück auch nachfolgenden Bürgermeistern noch lange zur Verfügung stehen. Das Möbelstück sei eine handwerkliche Leistung - aber kein übertriebener Luxus.

"Ich hau' das Geld doch nicht einfach so auf den Kopf", beteuert Finauer. Jenseits des Schreibtischs und der Ausstattung eines speziellen Besprechungsbereiches verfüge sein Büro über die gleiche Ausstattung wie die anderen Verwaltungsräume auch. Und das Budget für die Einrichtung des Rathauses in Höhe von 201000 Euro habe man eingehalten.

"Auch ich habe ein Angebot abgeben müssen", sagt Schreiner Martin Finauer, "mein Bruder behandelt mich in solchen Dingen wie eine wildfremde Firma." Insofern könne er die Vorwürfe gegen den Bürgermeister nicht nachvollziehen. "Wäre es besser gewesen, wenn der Auftrag ins Ausland gegangen wäre?"

Auch Kathrin Große vom zuständigen Architekturbüro "Goergens und Miklautz" versteht die Aufregung um den Schreibtisch des Bürgermeisters nicht. "Das ist kein normaler Arbeitsplatz, da finden viele Termine und größere Besprechungen statt", erklärt sie die Wahl des Interieurs. "Ikeamöbel sind da schlicht nicht geeignet", sagt die Expertin. Andererseits sei der Tisch kein Luxusartikel mit unnötigen Extras, davon habe sich beim Tag der offenen Tür jeder selbst überzeugen können. "Insofern wundere ich mich jetzt schon sehr."

Oellerer glaubt zwar nicht, dass Finauer etwas verbergen wollte, vielmehr sei diesem wohl nicht bewusst gewesen, dass er mit seinem gehobenen Einrichtungsstil anecken könnte. Doch eine Beratung im Gemeinderat wäre Oellerers Meinung nach "klug gewesen". Dann nämlich hätte es wohl bereits damals eine offene Diskussion über den Sinn derartiger Ausgaben gegeben - und nicht erst jetzt, im Nachhinein, über die Medien. Nun aber müsse Finauer "das mit sich selbst ausmachen".

Der Bürgermeister selbst ist ebenfalls verwundert - über die Neider, wie er sagt, und deren Verhalten. "Es ist enttäuschend, dass man zur Zeitung rennt, anstatt das Problem mit mir persönlich zu besprechen."

© SZ vom 02.12.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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