Hohenlinden/Dorfen:Zäune für Frösche, Flughilfe für Fledermäuse

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Peter Speckmaier aus Hohenlinden organisiert einen Besuch auf der Großbaustelle der seit Jahrzehnten umstrittenen Isentaltrasse für die A 94

Von Philipp Schmitt, Hohenlinden/Dorfen

Die Strecke ist 33 Kilometer lang, es gibt vier große und Dutzende kleinere Brücken: Auf Hochtouren laufen derzeit die Arbeiten am nächsten Abschnitt der A 94 durch das Isental. Gebaut wird in einer öffentlich-privaten Partnerschaft. In Auftrag gegeben hat die Straße der Bund, ausführende Firma ist die Projektgesellschaft Isentalautobahn. Von November 2019 an soll die A 94 befahrbar sein. Um den ambitionierten Zeitplan einhalten zu können, arbeiten derzeit 370 Mitarbeiter einer Arbeitsgemeinschaft an der Baustelle des 440 Millionen Euro teuren Vorhabens, außerdem sind bis zu 40 Bagger und 250 Baufahrzeuge auf der Riesenbaustelle im Einsatz. Seit dem Sommer liefert eine bei Dorfen errichtete mobile Transportbetonanlage einer Liefergemeinschaft 200 000 Kubikmeter Beton für die Brücken. "Wir sind bis auf ein paar Verzögerungen an kleinere Bauwerken wegen des feuchten Wetters im Zeitplan und haben die Planung im Griff", sagte nun in Dorfen Markus Steinbrecher von der Autobahndirektion Südbayern. Er begleitete einen von Peter Speckmaiers Hohenlindener Initiative "A 94-jetzt" organisierten Besuch einer 42-köpfigen Gruppe aus den Landkreisen Erding und Ebersberg an der Trasse. Steinbrecher zufolge wird auf der kompletten Achse gebaut, derzeit laufe vor allem der schwere Erdbau. Bislang seien etwa eine Million Kubikmeter und damit ein Viertel der Erdbauarbeiten erfolgt.

Die Großbagger- und Kipper können an einem trockenen Tag so viel Erde auf der Baustelle bewegen, wie für 60 Einfamilienhäuser nötig wäre, hieß es. Neben vier Großbrücken werde zudem an mehr als 30 kleineren Brücken gearbeitet. Der Boden sei wie erwartet schwierig, aber technisch beherrschbar, sagte Steinbrecher, der die Neubaustrecke zwischen Pastetten und Heldenstein durch die ARGE für die Autobahndirektion beaufsichtigt. Im Dialog mit Bürgermeistern und betroffenen Nachbarn wolle man die Belastungen, Verkehrsbehinderungen und Verschmutzungen zu minimieren: "Wir versuchen unser bestes, aber wo gehobelt wird fallen auch Späne".

Bei den vorbereitenden Arbeiten vor drei Jahren gab es noch einige Sabotagemaßnahmen von Gegnern der seit Jahrzehnten umstrittenen Isentaltrasse. Es wurden Scheiben von Baumaschinen beschädigt, dies sei nun bislang nicht mehr der Fall gewesen, freute sich Steinbrecher. "Es läuft bisher alles nach Plan, wir wollen bis 31. Oktober 2019 fertig sein", sagten auch der kaufmännische Geschäftsführer der Projektgesellschaft, Oliver Lauw, und der technische Projektleiter der ARGE, Nikolaus Arndt, von der federführenden Passauer Berger Bau Gruppe.

Arndt und Steinbrecher wiesen darauf hin, dass der Naturschutz bei den Bauarbeiten eine wichtige Rolle spiele, Es wurden Zäune errichtet, um die Baustelle von sensiblen Gebieten abzugrenzen und um etwa Frösche von der Baustelle fern zu halten. Durch spezielle Maßnahmen sollen zum Beispiel bei Schwindkirchen die im Kirchturm angesiedelten Fledermäuse beim Anflug über die Baustelle geschützt werden. Um Brutvögel am Brüten auf der Baustelle zu hindern, seien umfangreiche und teilweise ungewöhnliche Maßnahmen wie Fahrten mit einer Pistenraupe ergriffen worden.

Um die Baustelle besser zu erreichen, soll im nächsten Jahr ein etwa acht Kilometer langes Teilstück bei Dorfen an der B 15 asphaltiert werden, ein weiteres Teilstück soll zudem an anderer Stelle der Baustelle die Zufahrt zur Baustellenstraße entlang der Strecke zu vereinfachen. Während die 285 Meter lange Lappachtalbrücke schon vor dem Beginn der eigentlichen Bauarbeiten errichtet wurde und inzwischen weitgehend fertiggestellt ist, muss die ARGE noch vier Großbrücken und Dutzende kleinere Brücken erstellen.

Mit fast 600 Metern Länge ist die Isentalbrücke bei Lengdorf die größte Brücke der Neubaustrecke, sagte der Bauleiter für die Brücken, Sven Hofmann vom für die Brücken zuständigen Ingenieurbüro des Bauunternehmens Wayss und Freytag. An den Großbrücken wie der 600 Meter langen Isentalbrücke, der 420 Meter langen Goldachtalbrücke und der 350 Meter langen Rimbachtalbrücke, die alle im Frühjahr 2019 fertig sein sollen, werde derzeit in unterschiedlichen Bauweisen gearbeitet. Nur um Weihnachten würden die Arbeiten kurz unterbrochen.

Weil dem schwierigen Boden Rechnung getragen werden müsse, sind Bohrpfähle erforderlich. Zwei der größten Bohrmaschinen in Deutschland sorgen deshalb an den Brückenstandorten für den richtigen Halt, sagte Hofmann. "Wir haben an der Baustelle bereits zehn Monate harte Arbeit mit einer spannenden Zeit hinter uns, nun stehen uns noch knappe drei Jahre bevor", sagte Oliver Lauw von der Projektgesellschaft. Er erläuterte, dass das Projekt mit Eigen- und Fremdkapital finanziert werde und die Projektgesellschaft mit Büro derzeit an der Baustelle in Dorfen später ihren Sitz mit dem geplanten Betriebshof in Ampfing haben werde.

Die Gesellschafter der Projektgesellschaft für den Bau und 30-jährigen Betrieb der 77 Kilometer von der insgesamt 150 Kilometer langen A 94 sind die Eiffage Baugruppe mit Sitz in Paris, das niederländisches Bauunternehmen Royal BAM und Berger Bau Passau. Im Büro-Container an der Baustelle in Dorfen können sich in einem Informationsraum Besucher und Gruppen nach Voranmeldung über das Großprojekt informieren. Die Kontaktadressen und Hinweise zum Bau und zu aktuellen Umleitungen gibt es auf www.isentalautobahn.de. Die Baustelle wird regelmäßig mit einer Drohne abgeflogen, die spektakulären Luftbilder lieferten den Besuchern einen spektakulären Überblick über die sich wie eine Lawine durch Wälder und Wiesen fressende Großbaustelle. Peter Speckmaier von "A 94-jetzt" sagte: "Ich bin beeindruckt. Wir hoffen, dass uns die A94 von 2019 an in der derzeit noch schwer belasteten Region die erhoffte Verkehrsentlastung bringt."

© SZ vom 15.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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