Hobby mit Mehrwert:Froh über Regen und Sonnenschein

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Michael Nausch hat mit den Jahren seine private Wetterstation immer weiter hochgerüstet. Mittlerweile registriert er nicht nur Regenmenge, Temperatur und Windrichtung, sondern erhebt auch Daten zum Feinstaub, dem UV-Wert und der Helligkeit. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Seit 13 Jahren betreibt Michael Nausch eine Wetterstation in seinem Garten. Für seine Daten interessieren sich mittlerweile auch Versicherungen und Rechtsanwälte

Von Franziska Langhammer, Pliening

Ein Stein baumelt an einer Schnur vor dem Häuschen der Familie Nausch. Auf dem Schild daneben ist als Erklärung dazu zu lesen: Wenn der Stein heiß ist, dann ist Sommer; ist er kalt, ist es Winter. Ist der Stein nass, dann regnet es gerade. Wer es genau wissen will mit dem Wetter, muss sich an dieser Stelle etwas veräppelt vorkommen; dabei ist man bei Familienvater Michael Nausch genau richtig. Im Garten und auf dem Dach des Plieninger Reihenhäuschens nämlich betreibt er seit nunmehr 13 Jahren eine Wetterstation, die regelmäßig von seinen Mitbürgern konsultiert wird. Akribisch sammelt Nausch Daten über die aktuelle Wetterlage und stellt diese ins Internet. "Es ist nur ein Hobby", betont er - allerdings eines, das sich mit den Jahren immer weiter entwickelt hat und mittlerweile als seriöse Datenquelle für Interessierte gilt.

Angefangen hat alles mit dem Abwasserzweckverband. Der wollte wissen, wie viel Wasser die Nauschs verbrauchen. Seit Bau des Hauses im Jahr 2005 benutzte Nausch das Wasser aus der Zisterne im Garten für den Hausgebrauch, etwa die Waschmaschine und die Toilettenspülung, erzählt er: "Mich hat nicht nur interessiert, wie viel Wasser rein-, sondern auch, wie viel Wasser raus geht." Aus dem Interesse an dem Wasser erwuchs die Neugier auf die Menge der Niederschläge in der Gegend, und so ergab eines das andere. Richtige Wetterdaten, sagt Nausch, seien schwer zu kriegen; die nächste amtliche Wetterstation befinde sich am Flughafen. "Aber was bringt mir das?", fragt Nausch, der beruflich für eine große Bank in München tätig ist: "Fünf Kilometer weiter kann das Wetter schon wieder ganz anders aussehen."

Und so hat er mit den Jahren seine private Wetterstation immer weiter hochgerüstet; mittlerweile erhebt Nausch Daten zum Feinstaub, der Regenmenge, dem UV-Wert, der Helligkeit, Temperatur, Luftdruck sowie Windrichtung und -geschwindigkeit in Pliening. Daraus lassen sich weiterhin Werte errechnen, wie beispielsweise der Windchill, also die gefühlte Temperatur, oder die Verdunstung. Auf dem Dach ist ein Animometer angebracht, ein Windmesser; außerdem kann Nausch via Antenne die Blitzentladung in der Umgebung erfassen. Eine Wetterwebcam mit Blick nach München und Markt Schwaben präsentiert zudem den aktuellen Zustand des Himmels. In der Garage, erzählt Nausch, warte noch ein Bausatz für einen Erdbebensensor. "Es wächst und wächst und wächst", kommentiert er seine stetig expandierende Ausstattung.

Des Öfteren bekommt Michael Nausch auch Anfragen, wie das Wetter in den kommenden Tagen werden soll. "Ich bin aber kein Wetterfrosch", sagt er lachend, "für Vorhersagen habe ich einfach viel zu wenig Messwerte." Prognosen, ob etwa der Regen noch lange ausbleibt oder die Sonne in den nächsten Tagen öfter durchbricht, lassen sich schwer stellen; das zeige auch beispielsweise die Unzuverlässigkeit der professionell betriebenen Wettervorhersagen im Fernsehen. Mit seinem Equipment sei er eben technisch doch nicht so aufgestellt wie ein Jörg Kachelmann, so Nausch.

Die Besucher seiner Website sind aber nicht nur interessierte Plieninger, sondern auch manchmal Versicherungen oder Rechtsanwälte. Für Schadensfälle etwa wollen sie wissen, wie der Wind an diesem und jenem Tag war - Daten, die Nausch seit 2007 gewissenhaft dokumentiert und abspeichert. Der 30. Juli 2008 beispielsweise, so kann man auf der Homepage lesen, brachte um 9.15 Uhr morgens schon 20,9 Grad Celsius aufs Thermometer, die Leuchtfeuchtigkeit betrug 76 Prozent und der Wind eine mäßige Geschwindigkeit von 16,5 Kilometern pro Stunde.

Was ihn dazu antreibt, jeden Tag mehrmals die Aufzeichnungen zu checken und lückenlos zu dokumentieren, wie sich das Plieninger Wetter macht? "Das Interesse am Wetter und die Veränderung des Wetters", sagt Nausch nach kurzem Überlegen. So bringen ihn etwa die Feinstaubwerte, die er seit einem Dreivierteljahr erhebt, schon mal zum Nachdenken. "Woran liegt das, dass es im Nordosten von München, speziell Pliening, manchmal so hohe Feinstaubwerte gibt?", fragt er sich dann. Grundsätzlich gehe es ihm jedoch nicht darum, Akteuren wie etwa der Industrie oder der Landwirtschaft diese Daten unter die Nase zu reiben und so die Werte zum Besseren zu ändern. "Da muss man auch Realist sein", sagt er.

Trotzdem hat die Wetterstation auch den Alltag der Nauschs etwas verändert. "Man überlegt sich zweimal: Muss ich jetzt wirklich einheizen? Oder nehme ich statt dem Auto lieber das Fahrrad, um nach Poing zu kommen?", erzählt Nausch. Dass das Wetter immer wärmer wird, lässt sich beispielsweise an der jährlichen Durchschnittstemperatur ablesen: Während das Jahr 2008 übers Jahr gerechnet eine Temperatur von 9,3 Grad aufwies, waren es 2017 schon 9,9 Grad. "Das Wetter war früher einfach anders", fasst Nausch zusammen, der im Bayerischen Wald aufgewachsen ist, "wenn es in meiner Kindheit geschneit hat, dann konnte man von zuhause mit dem Schlitten bis zur Schule fahren."

Auch wenn Michael Nausch keine Wettervorhersagen machen kann, so hat er seinen Kindern auf jeden Fall ein feines Gespür für die Witterungslage mitgegeben. Kürzlich war seine zehnjährige Tochter am Finsinger Weiher schwimmen. Sie betrachtete den Himmel und ermunterte ihre Begleiter, zügig loszufahren; die Wolken nämlich türmten sich auf - laut ihrem Vater ein sicheres Zeichen, dass es bald zu regnen beginnen wird. Und tatsächlich: Gerade noch rechtzeitig vor dem großen Regenschauer kamen sie zuhause an.

© SZ vom 22.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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