Historischer Vortrag:Römer, Grafen, Bajuwaren

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Kreisheimatpfleger Thomas Warg porträtiert die frühen Ebersberger

Von Valentin Tischer, Ebersberg

Warum enden eigentlich so viele Orte in der Region auf "-ing"? Die Endung stammt aus dem Althochdeutschen und bedeutet etwas freier übersetzt, "bei den Leuten des...". Heißt das also, dass Zorneding der Ort "bei den Leuten des Zorns" oder gar "des Zorros" ist? Wohl eher nicht. Vielmehr gehen die beiden ersten Silben des Namens auf einen Straßennamen zurück.

Solche und andere Anekdoten zur Geschichte der Region zwischen Römerzeit und Mittelalter hat Kreisheimatpfleger und Stadtführer Thomas Warg in einem Vortrag über Ebersberg zur Zeit der Völkerwanderung zum Besten gegeben. Von der Jungsteinzeit über die Kelten und Römer bis zum Anfang des Mittelalters mit den ersten Ebersberger Grafen spannte Warg einen großen Bogen, um den etwa 60 Geschichtsinteressierten, die gekommen waren, die hiesige Siedlungsgeschichte nahe zu bringen. Der Verschönerungsverein und der Historische Verein für den Landkreis hatten unter dem First des Klosterbauhofes zu der Veranstaltung eingeladen.

Auf die Ausgangsfrage "Die Römer sind weg. Die Bayern sind jetzt da. Ist es wirklich so einfach?" hatte Warg ein klares Nein geantwortet. Wie so oft in der Erforschung der Geschichte müsse man das gesamte Bild betrachten, erklärte er, denn die Dinge seien deutlich komplexer, als sie scheinen. Vor den Römern wohnten mitnichten nur unzivilisierte Wilde rund um Ebersberg. Die frühen Bewohner seien deutlich intelligenter gewesen als man heute oft annehme. Sie hatten Werkzeuge, wohnten nicht in Höhlen, sondern in Holzhäusern und bestatteten ihre Verstorbenen in aufwendigen Anlagen wie etwa den Hügelgräbern, die heute noch zu sehen sind. Vor allem die Kelten, die letzte dominierende vor-römische Volksgruppe waren architektonisch derart geschickt, dass der Ebersberger Historiker Franz Xaver Paulhuber die Keltenschanze von Schammach irrtümlich für einen Römerbau hielt.

Die Römer brachten vor allem ihren Straßenbau mit, als sie sich 15 vor Christus anzusiedeln begannen. Verschiedene Straßen, von Salzburg über Rosenheim und Zorneding nach Augsburg führend, zerschnitten das Gebiet. "Diese Straßen waren in der damaligen Zeit für die Ewigkeit gebaut", erzählte Warg. Über die komfortablen Römerstraßen wanderten dann auch die Barbaren aus dem Osten ein und zwangen die Römer, den Landkreis langsam als Provinz aufzugegeben. Zu dieser Zeit notierte der römische Gelehrte Jordanus erstmals, dass die Bajuwaren aufgetaucht seien. Warg wirft die Frage auf: "Waren die Bayern jetzt einfach da?" - und gibt sogleich die Antwort: Nein. Ethnogenese sei hier das Stichwort. Die Bajuwaren hätten sich aus den verschiedenen Völker gebildet, die aus dem Osten kamen und sich in der früheren Region Raetien niederließen. Die Böhmen, die Markomannen und andere Völker vermischten sich und formten in den folgenden Jahrhunderten die Region um Ebersberg, wie man sie heute kennt.

An der Kreuzung zweier Römerstraßen, im Norden des Ebersberger Forsts, residierte der Gründer der Stadt - Graf Sieghart. Die Legende besagt, dass er eines Tages auf der Jagd im Forst einen gewaltig großen Eber fand, der in einer Höhle wohnte und unverwundbar war. Weil dieser Eber nur der leibhaftige Teufel sein konnte, bekam Sieghart den Auftrag, die Höhle des Ebers zu zerstören und südlich des Forstes eine Burg zu bauen. So entstand Ebersberg. "Glauben Sie diese Geschichte wirklich?" fragte Warg in die Runde und bittet um Handzeichen.

Keiner meldete sich. Sogleich räumte er mit dem Mythos auf. Vielmehr sei es der Gattin Siegharts, Gotini, zu verdanken, dass es die Stadt Ebersberg gibt. Sie war mit vielen Grafen des südlichen Landkreises verwandt und verhalf ihrem Gatten zu einer neuen Machtposition mit einer Burg, die wohl viel weniger imposant war, als sich viele vorstellen.

Thomas Warg präsentierte einen wilden Ritt durch zwei Jahrtausende Geschichte, mit viel Augenmerk für kleine Details, was den Vortrag etwas überladen und an mancher Stelle etwas inkohärent machte. Dennoch dürfte jeder Zuschauer im Saal viel über die frühe Geschichte des Landkreises gelernt und Lust auf mehr bekommen haben.

© SZ vom 09.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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