Heftige Debatte:Allergische Reaktion

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Grafing ist bei der Mensa-Ausschreibung stark eingeschränkt - das ärgert die Stadträte

Von Thorsten Rienth, Grafing

Möglichst frisch soll das Essen zubereitet sein, dabei einen möglichst hohen Regional- und Bioanteil mitbringen - und natürlich möglichst wenig kosten. Dies ist der Rahmen, den sich der Grafinger Stadtrat bei der Neuausschreibung des Grund- und Mittelschulmensabetreibers vorgestellt hatte. Seit der jüngsten Stadtratssitzung ist jedoch klar: All das kann das Gremium gar nicht vorschreiben. Heftige Reaktionen waren die Folge.

"Ich bin fassungslos, ich bin echt stinksauer", schimpfte CSU-Fraktionschef Max Graf von Rechberg. "Die Situation, so wie sie jetzt ist, ist Scheiße", pflichtete ihm Grünen-Stadtrat Johannes Oswald bei. "Äußerst tragisch", beschrieb Regina Offenwanger (SPD) die Lage. Der Ärger kommt daher, dass Grafing bei der Wahl seines Mensacaterers weit weniger mitreden darf als erhofft. Schon zuvor hatte es im Grafinger Stadtrat eine Menge Ärger gegeben. Zahlreiche Gremiumsmitglieder versuchten, die Ausschreibung zu verhindern. Ziel war, die Versorgung der Kantine möglichst bei einem Grafinger Anbieter zu belassen. Zurzeit ist dies noch die Metzgerei des CSU-Stadtrats Franz Saißreiner.

Aus Sicht von Kindern, Eltern, Schule und Stadt gibt es tatsächlich wenig Grund, daran etwas zu ändern. Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) verwies auf eine Umfrage unter Eltern und Kindern im vergangenen Jahr. "72 Prozent finden das Essen sehr gut, 77 Prozent finden die Portionen genau richtig." Das sei allerhand bei einem Thema wie dem Mensaessen. "Es gibt Kinder, die beschweren sich, weil die Sauce nicht auf, sondern neben die Nudeln gegossen worden ist." Rathaus-Hauptamtsleiter Stephan Meyerhofer verwies jedoch auf ein Sammelsurium von Rechtsquellen: "In einem gewissen Zeitraum muss das neu ausgeschrieben werden. Das hat nichts mit der Firma Saißreiner zu tun. Das muss alle drei, vier, fünf Jahre der Fall sein." Saißreiner betreibt die Mensa aktuell im sechsten Jahr. Würde ein Mitbewerber dagegen Klage einreichen, drohten Grafing hohe Schadensersatzforderungen.

Die harschen Stellungnahmen der Stadträte wurden laut, als es um die möglichen Stellschrauben in der neuen Ausschreibung ging. Marlene Ottinger (BfG) fragte sichtlich aufgebracht, warum die Regionalität der Speisen in der Bewertungsmatrix der Ausschreibung gänzlich ignoriert werde? "Es ist rechtlich nicht möglich, auf einzelne Regionen abzugrenzen", lautete die ernüchternde Antwort von Uwe Thiele. Den Berater für Verpflegungsmanagement hatte die Stadt an Bord geholt, da die Ausschreibung als kompliziert und klageanfällig gilt.

Thiele riet deshalb auch von einer weiteren zentralen Forderung aus dem Stadtratsgremium ab, nämlich frisches Essen vorzuschreiben. Rechtlich betrachtet mache die Transportform am Endprodukt keinen Unterschied. "Deshalb würde ein Anbieter von weiter weg durch die Vorgabe benachteiligt." Auch von offenkundigen Versuchen durch die sprichwörtliche Hintertür riet der Experte ab. Natürlich folgte prompt die nächste Runde erboster Reaktionen.

Die Stadträte Josef Klinger (Freie Wähler) und Johannes Oswald (Grüne) waren es schließlich, die den Pulsschlag der Debatte wieder auf Normalniveau senkten. Klinger, indem er eine einfache Rechnung aufmachte: Bei Schulkindern decke das Mensaessen etwa 40 Prozent des Tagesbedarf ab. Mit dem Anteil der Schultage pro Jahr verrechnet. würde ein Kind also gerade einmal 17 Prozent seines Jahresbedarfs in der Schule decken - der Rest hänge davon ab, was zuhause serviert werde. Und Oswald goss schließlich das, was überhaupt möglich schien, in einen konkreten Antrag: Dass bei der Bewertungsmatrix die Themen Essensqualität, Bio-Anteil und Preis anders gewichtet werden - weg vom Preis und hin zu "Bio"-Anteil und Essensqualität. Die Deckelung für den Maximalpreis bleibt bestehen. Eine breite Mehrheit hatte er damit im Stadtrat sofort auf seiner Seite.

© SZ vom 10.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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