Harmonisches Gefrotzel:Einer gegen alle, alle gegen einen

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Michael Niebler, Leo Spitzauer, Robert Winkler und Michael Kundler unterhalten das Publikum beim Aschermittwoch der CSU-Vaterstetten. (Foto: Christian Endt)

Beim der Vaterstettener CSU geht es relativ gemäßigt zu. Die Bürgermeisterkandidaten verzichten auf gegenseitige Angriffe und liefern sich lieber mit Fraktionschef Michael Niebler einen humoristischen Schlagabtausch

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Die Leberkässemmel ist traditionell eher keine Fastenspeise - beim Aschermittwoch der Vaterstettener CSU hatte sie heuer aber einen großen Auftritt. Zwar nicht auf dem Teller, da wurde ganz klassisch Fisch serviert, dafür aber in der Rede von Leo Spitzauer, der sich um das Bürgermeisteramt bewerben möchte. Der zitierte genüsslich aus einem SZ-Artikel vom vergangenem Jahr, in dem die unbajuwarische Aussprache der oben genannten Brotzeit durch Büttenredner Michael Niebler ein wenig auf die Schippe genommen wurde. Dem schloss sich Spitzauer gerne an, nicht ohne dem sichtlich amüsierten Publikum vorzuführen, dass er selbst natürlich die "Leberkassemme" akzentfrei im Munde zu führen imstande ist.

Hintergrund der Frotzelei ist die heuer bereits zum 20. Mal abgehaltene Fastenpredigt von CSU-Fraktionschef Niebler. Darin werden traditionell Parteifreunde, aber auch andere mehr oder weniger prominente Vaterstettener auf die Schippe genommen. Drei von ihnen hatten heuer die Gelegenheit, sich vorab schon einmal zu revanchieren: Neben Spitzauer traten sein Mitbewerber um die Bürgermeisterkandidatur, der frühere Grünen-Gemeinderat Robert Winkler und CSU-Ortsvorsitzender Michael Kundler ans Mikrofon. Der lobte "Dr. No" Niebler etwa für seinen anspruchsvollen Geschmack: Wenn man diesen frage, ob er ein Butterbreze möchte, bestelle der prompt ein Croissant mit Orangenmarmelade. Winkler ernannte in seiner Rede Niebler sogar zum "Django Asül der Vaterstettener CSU", schließlich "hält sich die CSU immer gerne einen Hofnarren".

Bemerkenswert freundlich gingen die beiden Kandidaten-Kandidaten miteinander um. Es gab zwar ein paar Sprüche - etwa, dass die Hergoldinger schon alle eine Doppelmitgliedschaft in der CSU abgeschlossen haben, damit ihr Nachbar Spitzauer das Rennen macht, oder dass die Wahl Winklers ein echter Gewinn für die Umwelt wäre, weil ihm dann die Zeit fehle, die für einen Grünen typischen Fernreisen zu machen. Ganz offensichtlich will man in der CSU aber auf keinen Fall einen schmutzigen Vorwahlkampf, was auch daran liegen dürfte, dass der Ausgang derzeit völlig offen ist. Oder, wie es der Ortsvorsitzende formulierte: "Jeder der Kandidaten ist ein wirklich gutes Angebot."

Diese Angebote ein bisschen kritisch zu durchleuchten, übernahm dann Niebler in seiner Fastenpredigt - aber ebenfalls mit Samthandschuhen. Er berichtete etwa, dass Winkler in der gemeinsamen Schulzeit immer der Klügere gewesen sei - was nun, da er sich für das Bürgermeisteramt bewerbe, offenbar nicht mehr gelte. Das junge Alter des anderen Kandidaten kommentierte Niebler mit dem Satz, als er selbst in der Kommunalpolitik aktiv wurde, sei Spitzauer "noch nicht einmal geplant" gewesen. Ein paar Witzeleien gab es noch über das ehemalige E-Auto Winklers (das Teuerste daran war das Verlängerungskabel) und Spitzauers Essgewohnheiten beim Schachtelwirt (Pommes klein, mittel oder groß? Gemischt!), dass Winklers Frau gerne mit ihm zu atemberaubenden Naturschönheiten fährt, weil es ihrem Robert dann endlich mal die Sprache verschlägt, und dass auf Spitzauers Reiterhof unbedarfte Neulinge zu unfreiwilligen Rodeoreitern werden.

Natürlich durfte auch die übrige Prominenz nicht fehlen, die neue Reiselust des früher kaum aus Frauenneuharting rausgekommenen Bundestagsabgeordneten Andreas Lenz (nur mal kurz nach London und Washington) war ebenso Thema, wie die Frage, ob die Millionenerbschaft an die Kreisklinik vielleicht dem unwiderstehlichen Charme von dessen Chef Stefan Huber - ein Dauerbrenner früherer Aschermittwochsveranstaltungen - zu verdanken sei. Ebenso ein Klassiker war die Leidenschaft von Bürgermeister Georg Reitsberger für Gratulationstermine. Dabei bitte der Rathauschef schon mal Senioren, ihre Feier etwas zu verschieben, damit er auch ja selber kommen könne. Was er aber auch meist müsse, da sein Stellvertreter Martin Wagner ja inzwischen eine Kreuzfahrt nach der anderen unternehme und ansonsten in den Bergen unterwegs sei.

In der Verwaltung, so Niebler, werde aber trotzdem fleißig gearbeitet, und zwar streng nach den Regeln des Beamten-Dreisatzes: "Das haben wir immer so gemacht; das haben wir noch nie gemacht; da könnte ja jeder kommen." Was vielleicht gar nicht so schlecht ist, denn auch Neuerungen haben ihre Tücken, meinte der Redner: Etwa die vergangenes Jahr in Kraft getretene Grünanlagensatzung, die Vorgartenbesitzer zwinge, Gehölze wie "sambucus nigra und corylus avellana" zu pflanzen. Einige der darüber lachenden Zuhörer dürfte der Jurist Niebler mit dem Lateiner-Scherz aufs Kreuz gelegt haben - übersetzt handelt es sich bei den "Exoten" nämlich um Holunder und Haselnuss.

Den größten spontanen Lacher erntete aber Landrat Robert Niedergesäß, und das mit einem einzigen Wort. Niebler hatte diesen gerade wegen seiner angeblich mangelhaften Geografiekenntnisse verspottet, und angemerkt, es sei ja gut, dass Niedergesäß Sprecher der MVV-Landkreise geworden sei. Denn nun reichten seine Kenntnisse bereits "im Westen nach Geltendorf und im Osten nach Ebersberg". "Tulling", verbesserte der Angesprochene daraufhin prompt, was das Publikum freudig zur Kenntnis nahm. Man darf gespannt sein, ob die Vorredner im kommenden Jahr die Veranstaltung mit einem Ausflug an die östliche Landkreisgrenze beginnen werden.

© SZ vom 08.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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