Handel:Im Schatten des Riesen

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Viele kleine, traditionelle Geschäfte in Ebersberg und auch in Grafing leiden unter der Konkurrenz des E-Einz. Die Discounter und Ketten im neuen Einkaufszentrum ziehen Kunden ab

Von Anselm Schindler

Wahrer Segen oder grauer Riese? Das neue Ebersberger Einkaufszentrum E-Einz zieht dem Einzelhandel in der Innenstadt und sogar in Grafing Kunden ab. Aber es gibt auch Verteidiger des Zentrums zwischen Bahnhof und Marienplatz. (Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

Seit einigen Monaten drängeln, drücken und quetschen sich täglich Hunderte von Menschen durch das E-Einz. Zumindest zu Stoßzeiten. Die Planer des neuen Einkaufszentrums in der Kreisstadt fühlen sich dadurch bestätigt, und die Kunden erfreuen sich am preiswerten Sortiment der Discounter. Diese wiederum, also C&A, Lidl oder Deichmann, schätzen den Andrang der Kunden. Ein Gewinn für alle? Nicht ganz: Ferdinand Päpke kann die Euphorie nicht teilen. Denn die Umsätze seines Schreibwarenladens im Ebersberger Stadtzentrum seien seit Eröffnung des E-Einz im "zweistelligen Prozentbereich" eingebrochen, berichtet er.

Mehr will Päpke dazu nicht sagen. Doch seine Stimmlage spricht Bände. Frust und Verbitterung sind darin zu hören. Er betreibt das kleine Geschäft nah, vielleicht zu nah am neuen Einkaufszentrum. Denn dort haben sich gleich zwei Ableger von Großkonzernen niedergelassen, die dem Schreibwarenladen mit Dumpingpreisen zu schaffen machen: Müller und k kiosk, der zur Schweizer Aktiengesellschaft Valora gehört. Und Ferdinand Päpke ist nicht der Einzige, dem das E-Einz die Kunden wegnimmt.

Auch Petra Behounek reagiert gereizt, wenn man sie auf das neue Einkaufszentrum anspricht. Denn seit es seine Tore geöffnet hat, kommen ihren Angaben zufolge weniger Kunden in ihren Spielwarenladen Drachenstube. Die Höhe der Verluste will sie, wie auch Schreibwarenhändler Päpke, nicht benennen. Doch trotz des Kundenmagneten einige Straßen weiter gibt Geschäftsführerin Behounek nicht klein bei.

Mit einer bunten Auslage im Schaufenster will sie die "Entdeckungslust der Kunden wecken", wie sie sagt, und damit auch ihre früheren, höheren Umsätze zurückholen. Die Spielwarenhändlerin gibt sich kämpferisch. Was sie von der Konkurrenz unterscheide, seien die persönliche Beratung und das kreative Flair ihres Geschäftes. Und damit hat sie offenbar recht. Betritt man ihren bunt geschmückten Laden, wirken die Regale der großen Drogerien dagegen blass und steril.

Die Auswirkungen des neuen Einkaufszentrums sind sogar in Grafing spürbar: Im November habe es sich "schon bemerkbar gemacht", dass viele Kunden neugierig auf das neue Kaufhaus gewesen seien, so Brigitte Terjung, Geschäftsführerin des Grafinger Geschenkladens Hampelmann. Auch sie selbst sei nach Ebersberg gefahren, um sich das E-Einz anzuschauen, sagt sie. Allerdings habe sie das Angebot ernüchternd gefunden, und so sei die Neugier schnell der Gleichgültigkeit gewichen. Ähnlich ist das bei ihren Kunden. Diese hätten trotz des neuen Einkaufszentrums ihre Weihnachtseinkäufe in ihrem Geschäft gemacht. Schließlich habe sie das originellere Sortiment, sagt Terjung stolz.

Auch das Schuhgeschäft von Thomas Kipfelsberger gehört zu den Läden, die der großen Konkurrenz trotzen - während er auch ein Sportgeschäft im E-Einz betreibt. Im Schuhladen aber seien die Umsätze derzeit zwar auch niedrig, ist von Kipfelsberger zu hören. Das liege aber am schlechten Wetter, nicht am E-Einz, betont er und lacht. Kipfelsberger ist sich sicher: Discounter seien mit ihren Billigprodukten "keine Konkurrenz" für sein Schuhgeschäft. Es ist denkbar einfach, womit das Familienunternehmen den Konkurrenzkampf Kipfelsberger zufolge überlebt: "Qualität und gute Beratung." Doch auch er kann sich vorstellen, dass kleinere traditionelle Geschäfte durch Discounter in die Bredouille geraten.

Martin Freundl hingegen zweifelt daran, dass "zum jetzigen Zeitpunkt" schon festestellbar sei, wie sich das E-Einz auf die Geschäfte in der Innenstadt auswirke. Denn schließlich, sagt der Vorsitzende des Bundes der Selbstständigen (BDS) in Ebersberg, seien seit Eröffnung erst wenige Monate vergangen, und im Winter liefen die Geschäfte "meistens nicht so gut". Freundl ist selbst Besitzer einer Bäckerei und glühender Verfechter des Einkaufszentrums. Für ihn ist das E-Einz "ein wahrer Segen", schließlich ziehe es auch Kunden aus dem Umland an. Der BDS-Vorsitzende appelliert an den Einzelhandel, "geschlossen aufzutreten" und "Kunden gemeinsam anzusprechen". So könnten auch die kleineren Ebersberger Läden vom neuen Einkaufszentrum profitieren.

© SZ vom 23.01.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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