Günstige Mieten in Kirchseeon:Vom Glück des Wohnens

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Die ersten Mieter unternehmen gemeinsam mit Vertretern der Gemeinde, des Landkreises und der Wohnungsgenossenschaft einen Rundgang. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die neue Anlage der Wohnungsgenossenschaft Ebersberg in der Siedlerstraße in Kirchseeon ist fertiggestellt. In Kürze ziehen hier 14 Parteien ein - Familien, Rentner, Alleinerziehende und Alleinstehende

Von Nathalie Stenger, Kirchseeon

Sie atmet einmal tief ein, hält die Luft an und stößt sie schließlich mit einem langen zufriedenen Seufzer wieder aus. In der Wohnung im zweiten Stock des neuen Mietshauses der Wohnungsgenossenschaft Ebersberg (GWG) in Kirchseeon riecht es noch nach frischer Farbe, das stört die neue Mieterin jedoch nicht im Geringsten. "Die Wohnung ist mein Glück!", ruft sie aus und strahlt vor Freude.

Mit ihr freuen sich noch 13 andere Mietparteien. Sie dürfen in das neugebaute Wohnhaus in der Siedlerstraße einziehen. Die Gemeinde Kirchseeon hat das Grundstück vor etwa zweieinhalb Jahren zu einem Preis von nur etwa 20 Prozent des Marktwerts an die Genossenschaft verkauft, um bezahlbaren Wohnraum für ihre Bürger zu schaffen. Nun sind die staatlich geförderten Wohnungen mit einer dreimonatigen Verspätung und voraussichtlichen Kosten von etwas mehr als drei Millionen Euro bezugsfertig. Zu diesem feierlichen Anlass lud der erste Vorsitzende der GWG Ulrich Krapf ein, sich einen Eindruck vom Endergebnis zu machen.

Während parallel schon erste Möbel aus einem Pferdeanhänger ausgeladen werden, spricht Krapf von bezahlbarem Wohnraum als wichtigen Beitrag für den sozialen Frieden. Nur so könne man Menschen in sozialen Berufen, etwa in Kitas und Krankenhäusern, in der teuren Region halten. Auch in Vereinen oder der Feuerwehr seien es oft Personen mit geringen oder mittlerem Einkommen, die sich ehrenamtlich engagieren. Er müsse deshalb an dieser Stelle die Gemeinde Kirchseeon mit Bürgermeister Udo Ockel loben, es sei nicht selbstverständlich, bezahlbaren Wohnraum für die Bürger zur Verfügung zu stellen. Kirchseeon habe in dieser Angelegenheit Vorbildcharakter für ganz Bayern.

"Das Problem sind nicht die Architekten oder Baufirmen, sondern die Grundstücke", erklärt Ockel. Es sei sehr schwer, Bauplätze zu finden, so ein Schritt wie dieser - der Verkauf eines Grundstücks deutlich unter dem Marktwert - sei schon eine Herausforderung für die Gemeinde. Mit der GWG habe man aber "einen tollen Partner", so Ockel. Landrat Robert Niedergesäß erwähnt den Fördertopf des Kreises, aus dem jährlich mehr als 250 000 Euro für den sozialen Wohnungsbau genutzt würden. Man sei sich einig im Landratsamt, dass man Geld für bezahlbaren Wohnraum in die Hand nehmen müsse.

Die Anwesenden sind sichtlich angetan von den Umsetzungen der Architekten Michael Aschauer und Wolfgang Betz aus Grafing. Alleinstehende, Alleinerziehende, Rentner und Familien können von sofort an in ihr barrierefreies und modernes Zuhause auf insgesamt 871 Quadratmeter einziehen. Balkone mit schicken Holzlamellen aus Lärche bieten Sichtschutz, Vinyl-Böden in heller Holzoptik machen die Räume gemütlich und graue Fliesen lassen die Badezimmer edel wirken. Sogar Platz für Abstellkammern gibt es in den Wohnungen. Zahlen müssen die neuen Bewohner mit 5,60 bis acht Euro pro Quadratmeter nur etwa die Hälfte der Miethöhen auf dem freiem Markt.

"Ich bin sehr froh, dass wir den Zuschlag bekommen haben. Man kann sich hier in der Gegend sonst einfach keine Vier-Zimmer-Wohnung leisten", erzählt eine Mieterin, auch sie möchte ihren Namen lieber nicht in der Zeitung nennen. Die gebürtige Münchnerin ist Erzieherin, ihr Mann Sozialpädagoge und gemeinsam mit ihren zwei kleinen Töchtern zieht die Familie Anfang des neuen Jahres in ihre moderne Wohnung im Ostgebäude. Die Siebenjährige hat schon genaue Vorstellungen, wie ihr neues Zimmer aussehen soll. Ein Experimentetisch und ein Schminktisch sollen in ihr Reich, auch ihre zweijährige Schwester hat schon Ideen für die Wandfarbe. Sie traut sich zwar nicht, es selbst zu sagen, aber ihre Mutter erzählt, dass sie den eigenen Raum gerne lila streichen möchte.

Auch die Frau aus dem zweiten Stock weiß bereits, wie ihre Wohnung aussehen soll. Ganz viele Pflanzen wünscht sie sich für ihr neues Zuhause. Die 47-Jährige zieht aus dem übernächsten Haus in derselben Straße in die Nummer 31, dies soll nach elf Umzügen nun ihr letzter sein. "Das ist wie Weihnachten und Geburtstag", sagt sie, "Ich bin dankbar und überglücklich." Ihr altes Haus soll übrigens im Auftrag der GWG im kommenden Jahr abgerissen und neugebaut werden. Dann können sich noch mehr Menschen auf doppelte Feiertage freuen.

© SZ vom 20.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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