Grafinger CSU:Krise, welche Krise?

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Grafings CSU zeigt sich von der Wahlniederlage unbeeindruckt. Personelle Konsequenzen aus der Schlappe am Sonntag schließt man bei den Christsozialen aus

Von Wieland Bögel

Der große Katzenjammer ist bei den Grafinger Christsozialen nicht zu bemerken. Zumindest öffentlich geben sie sich trotz zweier Wahlschlappen innerhalb von 14 Tagen betont gelassen. Dass die Bürgermeisterwahl verloren ging und man statt der Hälfte der Stadtratssitze, wie nach der Wahl 2008, nur noch ein Drittel der Mandate hält, sei nicht die Schuld des aktuellen Vorstandes, sondern liege vor allem in der Vergangenheit begründet, so die offizielle Diktion.

"Es hat sich alles gegen die CSU gewendet, da waren viele kleine Faktoren und auch Altlasten", analysiert die unterlegene Bürgermeisterkandidatin Susanne Linhart ihr schlechtes Abschneiden. (Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

"Es hat sich alles gegen die CSU gewendet, da waren viele kleine Faktoren und auch Altlasten", analysiert die unterlegene Bürgermeisterkandidatin Susanne Linhart ihr schlechtes Abschneiden bei der Wahl. Auch der Landtagsabgeordnete und frühere Ortsvorsitzende Thomas Huber sieht in den Streitigkeiten der Vergangenheit die eigentliche Ursache des Wahldebakels. "Es dauert einfach lange, bis so etwas heilt." Besonders der Bruch mit ihrem ehemaligen Parteifreund, Grafings scheidendem Bürgermeister Rudolf Heiler (FW), belaste den Ortsverband bis heute, analysiert CSU-Vorsitzender Sepp Carpus. Heiler war im Dezember 2008 wegen mangelnder Unterstützung in der CSU für die lange versprochene Ostumgehung und wegen der ständigen internen Streitereien zwischen den Fraktions- und Parteimitgliedern zu den Freien Wählern gewechselt. Zwar sei der offene Streit "aus dem Alltagsgeschäft raus, dass es nicht ganz raus ist, ist aber auch klar", so Carpus. Denn auch wenn Heiler seit fünf Jahren nicht mehr Mitglied der CSU ist, "sein Einfluss war immer noch sehr groß, in vielen Köpfen hat der Bürgermeister noch mitgespielt".

Die Köpfe, die der Ortsvorsitzende meint, gehören meist zu altgedienten Grafinger CSUlern, die eindeutig auf Seiten Heilers standen und es teilweise bis heute tun. Gerüchten zufolge sollen einige von ihnen vor der Stichwahl ziemlich offen für Grünen-Kandidatin Angelika Obermayr geworben haben, weil sie mit der neuen Führung um Carpus und seiner Stellvertreterin Linhart derart verfeindet sind und ihnen den Erfolg nicht gönnen. So weit würde Renate Schaumberg zwar nicht gehen, dennoch ist die Gründerin der Grafinger Senioren-Union mit ihrer CSU unzufrieden. "Es tut mir unendlich leid, wie etwas, das über Jahre aufgebaut wurde, wieder kaputt geht", kommentiert sie den Verlust von Stadtratsmehrheit und Bürgermeisteramt. Aber auch am Umgang miteinander liege in der Partei einiges im Argen. Schaumberg hatte nach dem Vorwurf, auf einem Sommerfest der Senioren-Union seien rechtsradikale Bücher verkauft worden, mit ihrer Partei fast völlig gebrochen. Dieser wirft sie bis heute vor, sie gegen die angeblichen Verleumdungen nicht unterstützt zu haben. Bei der Senioren-Union habe man daraufhin Konsequenzen gezogen, sagt Schaumberg: "Aus dem Tagesgeschäft sind wir raus, wir haben uns auf unsere Insel namens Seniorenthemen zurückgezogen." Die Bürgermeisterwahl sei deshalb in der Senioren-Union auch nie Thema gewesen.

Doch nicht nur ungelöste Konflikte mit Altmitgliedern, sondern auch aktuelle Skandale haben die CSU den Wahlsieg gekostet, etwa die Vorgänge um das Einheimischenbaugebiet Wolfsschlucht. Nicht nur, dass dort die günstigste Doppelhaushälfte für eine Dreiviertelmillion Euro zu haben ist, der Vorbesitzer des Areals ist auch noch CSU-Fraktionschef Max Josef Schlederer. Dass dies beim Wähler schlecht angekommen ist, kann man auch bei der CSU nicht abstreiten: "Natürlich hat uns die Wolfsschlucht viele Stimmen gekostet", meint Linhart, bemüht sich aber gleichzeitig darum, dies nicht als Vorwurf gegen einen Parteifreund klingen zu lassen: "Ich bin nicht jemand, der jemandem das Messer in den Rücken rammt." Auch Carpus sieht die Causa Wolfsschlucht als Problem. Er verweist aber auch darauf, dass die Vergabe an einen Bauträger - die Ursache für die hohen Preise - nicht ausschließlich von der CSU im Stadtrat beschlossen wurde.

Um wieder auf die Füße zu kommen, will man bei der Grafinger CSU künftig noch mehr auf "Offenheit und Geradlinigkeit" setzen, sagt Carpus. Damit habe man ja auch schon begonnen, "aber es ist uns nicht abgenommen worden". Mit welchem Auftreten man künftig beim Wähler wieder punkten kann, werde man in den kommenden Wochen besprechen. "Wir werden es intern aufarbeiten - es gibt viel Gesprächsbedarf", sagt Linhart. Sicher ist dabei nur eins: Der Wiederaufbau der Wählergunst soll mit dem aktuellen Vorstand gelingen. Thomas Huber hat, wie bereits am Wahlabend, erneut ausgeschlossen den Ortsvorsitz wieder zu übernehmen. "Ich habe viele andere Aufgaben und wir haben eine tolle Mannschaft."

© SZ vom 01.04.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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