Grafing:Waschen, Schneidern, Lernen

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Beim Tag der offenen Tür stellt die Comeniusschule in Grafing ihre Lehr-Firmen vor

Von sebastian hartinger, Grafing

"Wir spielen die Realität nach". So beschreibt Schulleiterin Helga Schneitler die schulinternen Firmen, in denen die Schüler auf den Arbeitsalltag vorbereitet werden. Eltern, Verwandte und Interessierte konnten sich am Tag der Offenen Tür des Sonderförderzentrums Comenius in Grafing ein Bild von der Schule und ihren Lernmethoden machen. In einer entspannten Atmosphäre konnten sie sich auf die im Pausenhof aufgebauten Bierbänke setzen, mit dem Elternbeirat oder dem Förderverein ins Gespräch kommen, sowie einen Blick in die einzelnen Klassenzimmer werfen. Dort präsentierten die jeweiligen Jahrgangsstufen ihren Lernalltag.

"Der Unterschied zu anderen Schulen ist, dass wir kleinere Klassen mit höchstens 15 Leuten und zusätzliche Lehrerstunden haben", erklärt Schneitler. Somit könnte den Schülern, die meist Probleme beim Lern- und Sozialverhalten aufweisen, von den Lehrern, die ausgebildete Sonderpädagogen sind, besser geholfen werden. Für die erste und zweite Klasse sind deswegen drei Jahre vorgesehen. Von der siebten an Klasse arbeiten die Kinder dann in den schulinternen Firmen. "Wir haben unter anderem eine Malerfirma, ein Nähstüberl, eine Autoinnenpflege und eine Schülerzeitung", erzählt sie. Geleitet werden diese von den Lehrkräften. "In der siebten Klasse wechseln die Schüler alle fünf bis sechs Wochen die Firma", erklärt Robert Bauer-Faro, Projektleiter der Malerfirma. In der Achten würde nur noch zum Halbjahr gewechselt, und in der Neunten würden sie das ganze Jahr in Einer bleiben und ihren Abschluss in der jeweiligen Firma machen. "Die Abschlussprüfung besteht aus vier Teilen", sagt Bauer-Faro. Einer Projektprüfung, die doppelt zählt, sowie Mathe, Deutsch und eine Fächergruppe. Wenn jemand in der Projektprüfung eine Eins habe, hätte er schon bestanden, erklärt er. Die Schüler hätten damit einen sogenannten "theorieentlasteten Mittelschulabschluss", sagt die Schulleiterin.

Svenja und Jenny sind in der Autoinnenpflege-Firma tätig. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Zu den diesjährigen 20 Prüflingen zählt auch Marco. Er hat seine Projektprüfung im Kurs von Bauer-Faro abgelegt. Der Malerberuf gefalle ihm so gut, meint er, dass er sich um einen Ausbildungsplatz in dieser Branche beworben habe. Im Projektkurs Autoinnenpflege machen dieses Jahr drei Schüler ihren Abschluss, berichtet Leiterin Isabell Fries. Das Autoputzen sei zwar in Sachen Ausbildung für später nicht relevant, dafür lernen sie aber zu organisieren und im Team zu arbeiten. "Sie verdienen dabei auch etwas", erzählt sie. "Für einen Kleinwagen zehn, und für ein größeres Auto 20 Euro. Das Geld kommt auf das Schülerkonto, und wird für die Abschlussfahrt hergenommen." Am Tag der offenen Tür säuberten sie auf dem Parkplatz vor der Schule die Autos zweier Lehrer.

Auch die Mitglieder der Schülerzeitung waren gefordert. Sie mussten "rasenden Reporter" spielen und den Anwesenden Fragen stellen, zum Beispiel, was einem an der Schule und dem heutigen Programm besonders gefällt. "Zweimal im Jahr erscheint eine Ausgabe", berichtet Projektleiter Dieter Fritzenwenger. Das erste Blatt habe sich um Spiele gedreht, das zweite wird den Schwerpunkt Musik haben. "Im Unterricht lernen die Schüler unter anderem den Umgang mit Medien, und wie man Bilder bearbeitet", erklärt er. Für seine Abschlussprüfung, erzählt der 16-jährige Dominik, muss er zum Beispiel ein Interview mit einer Lehrkraft führen. Das Feedback, dass sie von den Eltern bekämen, sei "durchwegs positiv", meint Schneitler. Auch die jüngeren Schüler wie Paul, fünfte Klasse, berichten, dass sie sich auf die Schulfirmen freuen.

Marco, Dominic und Dennis strichen mit der Malerfirma den ersten Stock. (Foto: Christian Endt)

Giovanni Melisano habe seinen siebenjährigen Sohn wegen der Sprache auf die Schule geschickt. "Er tut sich ein bisschen schwer, weil er mit drei Sprachen aufgewachsen ist." Ein weiteres Jahr, und dann wäre er für eine normale Schule bereit. "Ich bin sehr zufrieden, meine dreijährige Tochter werde ich auch auf diese Schule schicken."

© SZ vom 07.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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