Grafing:Vorweihnachtlicher Klangzauber

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Beim herrlichen Adventskonzert des Jugendorchesters Grafing ist die Aegidiuskirche wieder mal bis auf den letzten Stehplatz besetzt. (Foto: Christian Endt)

In seiner "Orchestermusik im Advent" in der Aegidiuskirche spielt das Grafinger Jugendorchester alles, was der Mensch in dieser hektischen Zeit gerne hört: einen Mix aus bewegenden und stimmungsvollen Stücken

Von Rita Baedeker, Grafing

Es ist ein anrührender Moment, als Johannes Schackow als "Little Drummer Boy" in einer Fantasieuniform zum Altar der Grafinger Aegidiuskirche marschiert, während Amelie Jost das gleichnamige amerikanische Weihnachtslied singt. Es erzählt die Geschichte eines Jungen, der zu arm ist, um dem Jesuskind in der Krippe ein Geschenk zu bringen und deshalb dem Heiland etwas vortrommelt.

Mit seiner "Orchestermusik im Advent" hat das Grafinger Jugendorchester unter Leitung von Hedwig Gruber den zahlreichen Besuchern - mehr als sechzig müssen stehen, so voll ist das Gotteshaus - ebenfalls ein Geschenk gemacht, eines, das man nicht genug würdigen kann, und das nicht nur deshalb, weil der Eintritt frei ist: ein Programm zum Träumen, Ausruhen und Genießen, weihnachtlich, romantisch, geistlich, klassisch, sentimental. Musik von Händel bis Bob Dylan, von Schubert und Schostakowitsch bis Peter Gabriel und Wastl Fanderl. Musik, die man sich genau so auf einer CD wünschte.

Überschrieben war das Konzert mit den Zeilen, die ein deutscher Kriegsgefangener 1945 in einem Lager in Salzburg dichtete: "Das ist die stillste Zeit im Jahr. Immer wenn es Weihnacht wird, da fallen die Flocken, sie fallen so leis. . . " Kurz bevor das Konzert beginnt, fallen sie draußen tatsächlich, weiß und leicht, pudern das schmiedeeiserne Gitter am Friedhof, den Kirchturm und die Mützen der Besucher. Begleitet wird das Lied als Konzertauftakt von einem feierlichen Bläsersatz.

Immer wieder tauchen die Zuhörer ein in geistlichen und weltlichen Klangzauber. Etwa wenn Teresa Huber auf ihrer Geige den "Song from a Secret Garden" des Norwegers Rolf Løvland spielt. Seine Musik ist elegisch, sehnsuchtsvoll, herrlich sentimental. Aber warum auch nicht? Warum nicht das Herz öffnen, vielleicht sogar eine Träne verdrücken? Einen Grund dafür findet wohl jeder.

Englische Carols zählen mit ihrem volksliedhaften, schlichten Charakter zu den schönsten Songs fürs Fest. Das Orchester hat zwei ausgesucht und führt sie in zu Herzen gehenden Arrangements auf - das Lied "God rest Ye Merry, Gentlemen" und "Away in a Manger", das eine mit sauber intoniertem Bläsersatz, beim anderen mit Chor und Orchester im Wechsel. Ein weiterer Weihnachtshit ist Händels Aufruf zur Freude an "Tochter Zion". Das Adventslied hat der evangelische Theologe Friedrich Heinrich Ranke umgetextet. Im Original handelt es sich um Chorsätze aus den Oratorien Judas Maccabäus und Joshua. Der jubelnde "Hallelujah-Chorus", ebenfalls von Händel, erklingt von der Empore. Die Orgel spielt Franz Mlnarschik, Uwe Hacker und Seppi Neuhäusler blasen Trompete, Matthias Gruber und Brigitte Hacker Posaune, die Tuba Markus Sedlmaier.

Trotz der feierlichen Stimmung in der Kirche erstickt das Konzert nicht in Besinnlichkeit. Was auch daran liegt, dass musikalische Genres und Stimmungen häufig wechseln. Die berühmte Badinerie aus einer Orchestersuite von Bach mit der sehr souverän musizierenden Flötistin Judith Galster zum Beispiel, ein Ohrwurm, wie es keinen zweiten gibt, geht in die Beine. Das innige "Ave Maria" lässt innehalten. Leider wird die schöne Stimme der Sopranistin Laura Hemingway vom Klangvolumen des Orchesters klanglich fast erdrückt. Auch der 2. Satz aus dem 2. Klavierkonzert von Schostakowitsch, den Elisa Feser hinreißend spielt, und das Intermezzo aus "Cavalleria Rusticana" von Pietro Mascagni mit dem begabten Geiger Michael Beschorner öffnen immer weitere Pforten zu einem adventlichen Traumland.

Etwas zu kurz kommt allerdings das gemeinsame Singen, viele Besucher trauen sich nicht recht, obwohl im Programmheft zwei Texte abgedruckt sind. Vielleicht halten sie es lieber mit Wastl Fanderl, in dessen Weihnachtslied es heißt: "Kimmt schee hoamli die Nacht, is mei Tagwerk vollbracht, sing i gern, wenn i alloani bi, stad a Liadl für mi."

© SZ vom 20.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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