Für ihren diesjährigen Haushalt musste die Stadt keinen einzigen Euro an Krediten aufnehmen. Rechnet man die rentierlichen Schulden für die Erschließung des neuen Gewerbegebiets "Schammach II" einmal heraus, konnte Grafing sogar 500 000 Euro tilgen. Solche positiven Nachrichten aus der Kämmerei wird es allerdings auf absehbare Zeit nicht mehr geben - das wurde am Dienstagabend im Finanzausschuss klar.
Das Gremium empfahl dem Stadtrat die erste Aufstellung des Haushalts für 2017 mit nur einer Gegenstimme. 24,5 Millionen Euro sieht der Verwaltungshaushalt vor. Gut 8,6 Millionen sind es im Vermögenshaushalt, jenem Etat, aus dem die Stadt einen Großteil ihrer Investitionen bestreitet.
Größter Posten ist dort der Neubau des Bauhofs. 2,1 Millionen Euro sind dafür vorgesehen. "Fast alles von diesem Projekt wird im Jahr 2017 verbucht", erläuterte Kämmerer Christian Bauer. Für die Tiefgarage unter dem alten Brauereigelände beziffert Grafing seinen Anteil im nächsten Jahr auf 870 000 Euro. Für Ausbau und Sanierung der Grundschule ist eine erste Tranche von 500 000 Euro veranschlagt. In der Mittelschule, wo neue Steigleitungen verbaut werden müssen, sind es 421 000 Euro. 250 000 Euro soll die Sanierung, unter anderem des Eingangsbereichs in der Stadthalle kosten. Für ein neues Feuerwehrfahrzeug stehen 160 000 Euro im Etat. Die Kehrseite dieses Grafinger Investitionspakets, dessen Inhalte laut Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) allesamt dringend nötig seien: Knapp 2,6 Millionen Euro muss Grafing wohl aus Krediten finanzieren.
Beträgt der aktuelle Schuldenstand rund 5,6 Millionen Euro, so wird er laut Finanzplan in den nächsten Jahren kräftig steigen. Bei etwa 7,7 Millionen Euro soll er zum Jahresende 2017 liegen. Für das Jahresende 2020 prognostiziert die Kämmerei 11,6 Millionen Euro. Die rentierlichen Schulden des Gewerbegebiets herausgerechnet wären es zum 31. Dezember 2020 noch immer etwa 7,6 Millionen Euro.
Der steigende Schuldenstand war auch das zentrale Thema der Debatte. "Was mir unglaublich aufstößt ist, dass wir es in derzeit konjunkturell guten Zeiten nicht schaffen, die Schulden abzubauen", klagte CSU-Fraktionschef Max Graf von Rechberg. "Der Finanzplanung liegt die Idee zugrunde, dass hoffentlich alles so bleibt. Aber es werden auch wieder schlechtere Zeiten kommen - das macht mir echte Sorgen." So, wie der Stadtrat mit dem Stadtetat agiere, würde daheim niemand mit seinem Haushaltsgeld umgehen, sagte er.
Den Ball nahm Grünen-Stadträtin Roswitha Singer auf. "Zuhause würde man sich aber um das Zuhause auch wirklich kümmern." Singer spielte damit auf die zahlreichen verschleppten Unterhaltsleistungen der Stadt an. Teuer wird es in den nächsten Jahren auch deshalb, weil der Stadtrat bei der Sanierung von städtischen Gebäuden, Schulen oder dem Kanalnetz stark in Verzug ist.
Ein Glück für Grafing ist, dass die Einnahmen aus der Gewerbesteuer sprudeln. Fünf Millionen Euro nahm sie im laufenden Jahr auf diesem Weg ein - so viel wie noch nie. Der stets mit einem gewissen Sicherheitspuffer berechnete Ansatz fürs nächste Jahr liegt bei 4,7 Millionen Euro. Laut Kämmerei sei das ein Spitzenwert. "Mit einem so hohen Ansatz sind wir noch nie in die Haushaltsaufstellung gegangen."
Doch auch diese positiven Nachrichten haben eine Kehrseite. Sinkt die Kaufkraft der Bürger, sinken auch die Umsätze der Unternehmen und somit auch die Einnahmen der Gemeinde über die Gewerbesteuer. "Wenn es mit der Konjunktur bergab geht, bekommen wir echte Probleme", mahnte Rechberg. Insofern war es nur folgerichtig, dass er bei der Abstimmung gegen die Haushaltsaufstellung votierte.