Grafing:Radeln gegen den Stau

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Grafings Grüne wollen autofreie Mobilität stärker fördern

Von Thorsten Rienth, Grafing

Seine erste These ist eine, die man von einem Grünen-Bezirksvorsitzenden erwartet: "Der Radverkehr ist der Verkehr, der am meisten gefördert gehört, aber der am meisten unter den Tisch gekehrt wird." Doch dann sagt Markus Büchler bei der "Grünen Runde" am Donnerstagabend in Grafing noch etwa: Fahrradwege seien das effektivste Mittel um Autostaus zu vermeiden.

Die Bayernkarte auf der Leinwand kam vom Statistischen Landesamt und je mehr der Farbton ins Rote geht, desto größer ist das prognostizierte Bevölkerungswachstum in den nächsten 15 Jahren. Der Landkreis Ebersberg ist dunkelrot, das bedeutet einen mindestens zweistelligen Prozentsatz in dem Zeitraum. Im Landkreis sollen es 15 Prozent sein, nur dem Landkreis Miesbach bescheinigt das Amt ein größeres Wachstum. "Gerade weil der Münchner Speckgürtel so schnell wächst, gibt es jetzt die Gestaltungsmöglichkeiten", argumentierte der Oberschleißheimer im "Il Ristorante". "Mobilität für Menschen - Lebensqualität in fußgänger- und fahrradgerechten Orten" hatten die Grafinger Grünen die Veranstaltung betitelt, kurz: Nahmobilität.

Nichts sei wichtiger, als deren Kontext realistisch zu betrachten. Und deshalb machte Büchler einen auf Realist: Mitnichten ginge es ihm darum, das Auto generell abzuschaffen. "Auf dem Land zum Beispiel sind Autos eine total praktische Sache." Die entscheidende Frage dabei sei aber doch, wie viel Platz man dem Auto geben wolle? Zumindest im Ballungsraum einer Landeshauptstadt recht wenig, verhehlte Büchler seine Ansicht nicht. "Das ist allerdings keine grüne Programmspinnerei, sondern die Lebenswirklichkeit."

Um das zu untermauern warf er das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage des Umweltbundesamtes an die Leinwand. Die Behörde wollte wissen, was die Deutschen unter Lebensqualität verstünden? Je jünger die Befragten waren, desto wichtiger sind demnach "weniger Autos, mehr öffentlicher Personennahverkehr, mehr Fuß- und Radwege".

Letztere sind der Grund, warum Büchler sein Referat nicht in einem Bezirks-, sondern einem Ortsverband hielt. "Fuß- und Fahrradwege sind eine urkommunale Gestaltungsmöglichkeit." Noch seien es zwar vor allem die Großstädte, die mit neuen Konzepten wie Fahrradverleihsystemen vorangingen. Aber wer sage denn, dass das auf Ebene einer Kleinstadt nicht auch funktioniere? Jeder, der seinen Einkauf mit dem Radl erledige, entlaste dann den Marktplatz - wenn denn das Konzept des Radwegs alltagstauglich sei.

Im Auge behalten sollte Grafing in Sachen Fahrradleihsystem die Pläne der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG), empfahl Büchler. Die MVG führt derzeit Mieträder in der Landeshauptstadt ein. Eigenen Angaben zufolge gibt es bald 1200 Fahrräder an 125 Stationen. "Die MVG war bei uns im Kreistag und hat gesagt, sie würde mit dem Konzept gerne in die Umlandgemeinden gehen", so Büchler, "teilweise auch mit E-Bikes."

Bis es soweit ist müssten die Städte aber selbst aktiv werden. Geht es nach Büchler, gerne auch mit Kleinigkeiten, weil sich größere Nahmobilitätsprojekt ohnehin nicht einfach über Nacht einführen ließen. Zu diesen Schritten zählt Büchler beispielsweise Haltegriffe für Fahrradfahrer an Fußgängerampeln oder schlicht eine ausreichende Anzahl von Gelegenheiten, Fahrräder in der Stadt auch abstellen zu können. Folgerichtigerweise, sagte die Ebersbergerin Käthe Moder, müsste man dann aber auch die größeren örtlichen Arbeitgeber mit in die Verantwortung nehmen.

© SZ vom 09.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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