Grafing:Prophezeiung geglückt

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Der neue Intendant der Grafinger Stadthalle, Sebastian Schlagenhaufer, ist mit dem Verlauf seiner ersten Saison sehr zufrieden - bis auf wenige Ausreißer

Von Anja Blum, Grafing

"Manchmal ist der Grafinger einfach undurchschaubar", sagt Sebastian Schlagenhaufer mit einer seltsamen Mischung aus Verzweiflung und Amüsement in der Stimme. Seit September zeichnet er, selbst ein Künstler des Wortes, für das Programm in Saal und Turmstube der Stadthalle verantwortlich - es ist also sein Job, den Geschmack des Grafinger Publikums zu treffen. Und das ist ihm bislang auch gut gelungen, zumindest bezeichnet Schlagenhaufer das vergangene halbe Jahr als "sehr erfreulich". Insofern sind Ausreißer für ihn absolut kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken, sondern lediglich eine Herausforderung, es künftig noch besser zu machen, und vielleicht sogar das Salz in der Alltagssuppe des ambitionierten Programmchefs.

Sorgen bereitet Schlagenhaufer derzeit eine musiktheatralische Lesung mit dem Münchner "Tatort"-Kommissar Udo Wachtveitl am Sonntag, 6. März. Unter dem Titel "Mörderisches Bayern" präsentiert der Schauspieler eine Textcollage aus drei Kriminalromanen Robert Hültners, ihm zur Seite stehen dabei ein Erzähler (Hans Kriss) und drei Musiker (Andreas Koll, Akkordeon, Sebis Tramontana, Posaune, Erwin Rehling, Schlagzeug). "Ich war mir eigentlich sicher, dass sich die Grafinger gerne etwas Spannendes von Wachtveitl vorlesen lassen", sagt Schlagenhaufer, schließlich war der Schauspieler auch bei der gefeierten Präsentation der Grafinger Nachkriegsgeschichten "Nix gehabt - und so viel erlebt" mit von der Partie. Doch die Resonanz auf die aktuelle Veranstaltung sei "noch ziemlich mau". Am Preis, meint der neue Intendant, könne es nicht liegen, sei dieser doch mit 22 Euro "keinesfalls exorbitant", und auch nicht an der Besetzung. "Der Wachtveitl ist ja wirklich bekannt." Also hat Schlagenhaufer das Format im Verdacht - und zieht entsprechende Konsequenzen: "So eine Lesung wird es wahrscheinlich in der Stadthalle künftig nicht mehr geben, dann lieber in kleinerer Form in der Turmstube."

Den "Tatort"-Kommissar Udo Wachtveitl live erleben kann man am Sonntag, 6. März, bei einer Krimilesung in der Grafinger Stadthalle. (Foto: privat)

Mit der neuen Kleinkunstbühne ist ihr Erfinder generell sehr zufrieden: Die Veranstaltungen darin seien bislang alle sehr gut besucht gewesen, hier gebe es keinen Grund, irgendetwas am Programm zu ändern. Auch über die Konzerte und Sessions der Grafinger Jazzinitiative in seinem Haus ist Schlagenhaufer "sehr froh". Besonders glücklich macht ihn aber wohl, dass die Grafinger das Format der "Mixed Shows" - mit vier vorher geheim gehaltenen Künstlern an einem Abend - sehr gut angenommen haben. "Diese Termine waren ausnahmslos ausverkauft." Und auch das Konzept, das Schlagenhaufer damit verbindet, scheint aufzugehen: die Mixed Shows als Strauß aus Visitenkarten, dem dann erfolgreiche Soloabende folgen. Die junge Kabarettistin Christine Eixenberger etwa habe nach einem Kurzauftritt noch zwei Mal in der Turmstube gespielt, "einmal ausverkauft und einmal fast voll". Außerdem sind die Überraschungsabende für Schlagenhaufer eine gute Gelegenheit, jungen Talenten aus der Region ein Podium zu bieten.

Apropos Region: "Das Bairische zieht auf jeden Fall", sagt der neue Programmchef, der im Dialekt "ein Gegengewicht zur globalen Vernetzung" sieht und ihn zu einem Schwerpunkt der laufenden Saison erkoren hat. An diesem Donnerstag, 18. Februar, zum Beispiel tritt der bayerische Liedermacher Christoph Weiherer in der Turmstube auf, und am Sonntag, 21. Februar, stehen die "Drei Männer nur mit Gitarre" auf der großen Bühne der Stadthalle. "Aber wir wollen uns nicht darauf beschränken", betont Schlagenhaufer.

Schauspieler, Autor und Regisseur Sebastian Schlagenhaufer leitet seit einem halben Jahr die Stadthalle. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Beibehalten, wenn nicht gar ausbauen, möchte er auch die Theatersparte, denn sowohl die Vorstellung der "Iberl-Bühne" als auch die zwei Kindertheater seien gut besucht gewesen. Wichtig sind Schlagenhaufer dabei allerdings zwei Aspekte: "Wir möchten keinesfalls den theaterspielenden Vereinen Konkurrenz machen", sagt er, und die Preise sollen, gerade bei den Terminen für Kinder, "familienfreundlich" bleiben. "Solche Termine müssen nicht unbedingt Gewinn abwerfen." Auch eine künftige Kooperation mit den umliegenden Schulen strebt er hier an.

An den Nachwuchs denkt der zweifache Vater aber auch in anderer Hinsicht: Zum einen plant er, in der nächsten Saison Poetry-Slams zu veranstalten, die ja ein eher jüngeres Publikum ansprechen, sogar über einen Science-Slam denkt Schlagenhaufer derzeit nach. "Das ist ziemlich abgefahren, da werden wissenschaftliche Themen kabarettistisch präsentiert". Zum anderen will er seine Idee weiterverfolgen, am Gymnasium nebenan ein P-Seminar anzubieten, in dem die Schüler eine eigene Veranstaltung planen und organisieren dürfen - was in Grafing ja bekanntlich nicht ganz so einfach ist.

Christoph Weiherer: "A Liad, a Freiheit und a Watschn", an diesem Donnerstag, 18. Februar, um 20 Uhr in der Turmstube, "Drei Männer nur mit Gitarre" am Sonntag, 21. Februar, um 20 Uhr in der Stadthalle, Udo Wachtveitl liest "Mörderisches Bayern" am Sonntag, 6. März, um 20 Uhr. Karten gibt es im Grafinger Rathaus unter (08092) 703 11, in der Buchhandung Braeuer oder online unter www.stadthalle-grafing.de

© SZ vom 18.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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