Randale beim Eishockey:Polizei kritisiert EHC-Führung

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Für das Geschehen auf dem Eis, hier ein Spiel des EHC gegen Tölz, interessieren sich die gewaltbereiten "Pseudo-Fans" wenn überhaupt nur am Rande. (Foto: Christian Endt)

Nach den Ausschreitungen am Freitag heißt es: Der Eishockey-Klub habe nicht die vereinbarte Zahl an Ordnern gestellt und helfe generell zu wenig dabei, gefährliche Situationen rund um das Stadion zu vermeiden.

Von Carolin Fries, Grafing

Nach den Ausschreitungen am Freitagabend beim Eishockeyspiel des EHC Klostersee gegen den EV Regensburg erhebt die Ebersberger Polizei Vorwürfe gegen die Grafinger Vereinsführung. "Regelmäßig wird die vereinbarte Zahl an Ordnern deutlich unterschritten", sagt der stellvertretende Dienststellenleiter Gerhard Freudenthaler. Auch am Freitag sollen weniger als die zehn verabredeten Sicherheitsleute vor Ort gewesen sein. Dann müsse die Polizei die Ordnertätigkeiten mit ausüben. "Das ist das Hauptproblem", sagt Freudenthaler. Darüber hinaus würde sich die Vereinsführung "in gewissen Sachen konkret sperren", anstatt zu helfen, gefährliche Situationen zu vermeiden. Am Freitag kam es zu "massiven Störungen durch Anhänger des EHC". Gegen mehrere Personen wird wegen Körperverletzung ermittelt.

Das ist keine neue Situation: Seit mehr als einem Jahr kommt es regelmäßig zu gewalttätigen Auseinandersetzungen im Stadion. Eine kleine Gruppe, die die Polizei größtenteils der Münchner Hooligan-Szene zurechnet, treffe sich beim Eishockey - ohne jegliches Interesse an dem Spiel. Es handle sich meist um zehn bis 15 Personen. Ein treuer EHC-Fan bestätigt dies in einem Schreiben an die SZ: "In der Fan-Kurve standen junge Leute mit EHC-Schal, die ich noch nie in meinem Leben im Stadion gesehen habe."

Stadionverbote waren im Gespräch

Klubpräsident Alexander Stolberg sprach bereits vor einem Jahr von "als Grafinger Fans Verkleideten" und kündigte Sanktionen an. Man wolle die Stadionverbote schärfer handhaben, den Einlass stärker kontrollieren und Kameras installieren. Wieso es dennoch wieder zu Ausschreitungen kam? Ein Ordner, der regelmäßig im Stadion ist, sagt: "Wenn so hitzköpfige Idioten unbedingt randalieren wollen, dann kann man die nicht aufhalten. Auch nicht mit 100 Sicherheitsleuten." Das sei nicht nur ein Grafinger Problem: "Das haben alle Clubs in den höheren Ligen."

Stolberg sagt, man sehe es den Leuten nicht an, was sie vorhätten. "Wir können die entsprechenden Personen nur ausschließen, wenn wir sie kennen." Stadionverbote habe man aktuell etwa zehn ausgesprochen. Voraussetzung hierfür ist ein Strafverfahren. Seiner Information nach sei das erforderliche Sicherheitspersonal am Freitag im Stadion gewesen, so Stolberg. Bei "gefahrgeneigten Spielen" - diese legen Verein, Polizei und Stadt fest (dazu gehörte auch das gegen Regensburg) - hat der EHC mindestens zehn Sicherheitskräfte zu stellen. Darauf hat man sich mit Stadt und Polizei geeinigt.

Taschenkontrollen und Sicherheitsspaliere gehören dazu

Darüber hinaus würden gewissenhaft Taschen kontrolliert und die Zuschauer über ein Sicherheitsspalier in die entsprechenden Ränge geleitet, sagt Stolberg. Warum EHC-Fans trotzdem bereits vor Spielbeginn im Gästeblock zuschlugen, wie es im Polizeibericht steht, kann er sich nicht erklären. "Das sollte nicht möglich sein." Man tue alles, um die Sicherheit im Stadion zu gewährleisten.

Das sieht Freudenthaler anders. Lediglich ein Metallrohr auf Hüfthöhe trenne die Fanblocks, die Polizei habe schon mehrfach eine bessere bauliche Abgrenzung gefordert. Zudem würde weiter Alkohol ausgeschenkt, "obwohl es meist stark alkoholisierte Personen sind, die randalieren", wie Freudenthaler sagt. Und auch der Wunsch der Polizei, nicht während des Spiels Ein- und Auslass zu gewähren, werde ignoriert. Stolberg weist die Vorwürfe zurück: Man kenne all diese Forderungen, sie ließen sich aber nicht realisieren oder seien nicht zielführend. So würde der Alkohol überwiegend vor dem Stadion konsumiert. Eine Auslasssperre bis Spielende verstimme vor allem die gemäßigten Fans - und diese seien die Mehrheit. Bauliche Maßnahmen wiederum seien brandschutztechnisch nicht umsetzbar, das habe man geprüft.

Das Absperren des Grafinger Blocks war vergeblich

Einig ist man sich, dass die Lage der Sportstätte in einer Sackgasse, das Fehlen einer zweiten Toilettenanlage und ein nicht komplett verschließbares Stadion die Gewährleistung der Sicherheit nicht erleichtern. Die Gästefans verlassen stets zuerst das Stadion, der Grafinger Block wird derweil abgesperrt. Doch vergeblich: Am Freitag haben die gewaltbereiten vermeintlichen EHC-Fans das Stadion bereits wenige Minuten vor Spielende verlassen, um die gegnerischen Fans draußen zu provozieren.

"Die Guten wurden 15 Minuten lang eingekesselt, und die anderen hauten sich draußen die Köpfe ein", berichtet ein langjähriger Fan. Er kritisiert die Polizei, die auf Hinweise auf "Schlägertrupps" nicht reagiere. Anstatt "alle über einen Kamm zu scheren", müsse man den Druck auf genau diese Leute erhöhen. Denn "zuzutrauen ist denen so einiges - und dabei ist das Böller- und Bierbecherwerfen sowie Verbales noch das Harmloseste".

© SZ vom 16.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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