Grafing:Planerische Rochade

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Der Grafinger Stadtrat entscheidet über Standort von Asylunterkunft

Im Grafinger Stadtrat fällt an diesem Dienstag die Entscheidung über den Bau der Asylbewerberunterkunft am neuen Bauhof. Einiges spricht dafür, dass eine breite Mehrheit das Vorhaben eines Bad Wiesseer Investors unterstützt. Damit wäre Grafing ein planerisch geschickter Schachzug geglückt. Zudem sah sich die Stadt gezwungen, weil der Investor im Sommer den Bauantrag für eine Asylbewerberunterkunft im Gewerbegebiet eingereicht hatte. 130 Flüchtlinge hätten darin vorrübergehend eine Bleibe finden können. Was früher als unmöglich galt, geht seit einer Lockerung des Baurechts unter bestimmten Auflagen relativ problemlos: Asylbewerberunterkünfte auch in Gewerbegebieten zu errichten.

Mit dem Bauantrag, der sämtlichen Auflagen entsprach, rutschte Grafing in ein Dilemma: Gegen eine neue Unterkunft habe man prinzipiell nichts einzuwenden, lautete das Credo aus Rathaus und Stadtrat. Nur bitte nicht inmitten eines abgelegenen Gewerbegebiets und direkt neben der Bahnlinie München-Rosenheim. Die Stadt machte dem Investor deshalb ein Angebot: Ob er stattdessen auf einem städtischen Grundstück südlich der Gärtnerei Köstler bauen möge? Das Areal überplant die Stadt derzeit ohnehin - nebenan will sie den neuen Grafinger Bauhof errichten. Gleichzeitig schob sie etwaigen weiteren Unterkunftsplanungen im Gewerbegebiet mit einer Veränderungssperre den Riegel vor.

"Errichtung einer Flüchtlingsunterkunft" am Schammacher Feld steht nun inklusive Beschlussempfehlung auf der Tagesordnung. Das wäre kaum der Fall, bestünde zwischen Rathaus und Investor noch keine Einigkeit über die Formalitäten. Und würde Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) nicht von einer Mehrheit ausgehen, die den Kurs mitträgt. Gleichwohl zeigte sich bei dem inzwischen über ein halbes Jahr laufenden Prozedere: Weitere Vertagungen, Nachverhandlungen oder gar gänzlich neue Optionen sind nie ganz auszuschließen. Eine solches Szenario hatte zuletzt im Bauausschuss Mitte Dezember Aufregung hervorgerufen. Mit dem Grafinger Unternehmer Martin Löchle meldete plötzlich ein zweiter Investor Interesse an dem Grundstück neben dem Bauhof an. Fertige Pläne und eine Finanzierungsbestätigung der Bank will Löchle vorgelegt haben. Für die Stadt bedeutete dies das zweite Dilemma: Nun hatte sie zwei Bewerber, wo sie doch schon dem ersten die Zustimmung signalisiert hatte. Zusätzlich spannend wurde es im Bauausschuss auch, weil der Ruf laut wurde, Löchles Planungen aufzunehmen. Dazu hätte allerdings jemand einen Änderungsantrag stellen müssen. Stattdessen beauftragte der Bauausschuss die Verwaltung mit Nachverhandlungen. Löchles Tür, bei dem Projekt zum Zug zu kommen, war dadurch schnell wieder zu. Am Dienstagabend entscheidet der Stadtrat, ob er sie auch zusperrt. Beginn der Sitzung ist um 19 Uhr.

© SZ vom 19.01.2016 / thri - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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