Neue Zahlen:Leiser als erwartet

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Laut einer aktuellen Zählung sind auf der Grafinger Umgehungsstraße weniger Autos unterwegs als zunächst prognostiziert. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Verkehrszählung an der Grafinger Ostumfahrung ergibt eine deutlich unter den Grenzwerten liegende Lärmbelastung

Von Thorsten Rienth, Grafing

Dass Motoren laut sind, ist nicht neu. Dass Anwohner entlang neuer Straßen über zu viel Lärm klagen, auch nicht. Bei der Grafinger Ostumfahrung waren die Beschwerden jedoch derart massiv, dass die Stadt die Lärmwerte überprüfen ließ. Das Ergebnis hat die Verwaltung nun im Bauausschuss vorgestellt - und es ist aus Anwohnerperspektive überraschend: Die Lärmbelastung liegt demnach deutlich unter den gesetzlichen Grenzwerten.

"Es war darum gegangen, die gefühlte Überschreitung der prognostizierten Lärmbelastung zu verifizieren", beschrieb Bauamtsleiter Josef Niedermaier die Aufgabenstellung. Das mag sperrig klingen. Aber es ist nun einmal die abstrakte Umschreibung eines Streitpunkts: Ob die Straße nicht in Wirklichkeit viel lauter ist, als das Gesetz erlaubt? "Das ist sie objektiv betrachtet nicht", stellte Niedermaier nun klar. Ehrlicherweise müsse man dazusagen: "Die subjektive Wahrnehmung der Anwohner ist eine andere."

Dem Lärmgutachten zufolge liegt der Beurteilungspegel an der Hochriesstraße tagsüber bei 53 dB(A), nachts bei 45 db(A). Erlaubt wären 59 db(A) respektive 49 db(A). Gegenüber dem Ortsteil Engerloh ermittelte die Untersuchung tagsüber 52 dB(A) und nachts 44 db(A). Erlaubt wären 64 dB(A) beziehungsweise 54 dB(A). Die Differenz - im Maximalfall beträgt sie zwölf dB(A) - ist tatsächlich gewaltig. Grob gerechnet empfindet das menschliche Ohr eine Reduzierung von 10 db(A) als Halbierung der Lautstärke.

Der Untersuchung liegt eine eigens angestrengte Verkehrszählung zugrunde. Deren Zahlen sind nötig, um die tatsächliche mit der prognostizierten Verkehrsmenge abzugleichen. Maßgeblich ist die durchschnittliche tägliche Frequentierung als Mittelwert aller Tage eines Jahres, dies jeweils differenziert zwischen Tag- und Nachtzeiten. Legten die aktuellen Verkehrszahlen eine Überschreitung des Prognosewerts für das Jahr 205 aus dem Planfeststellungsbeschluss nahe, könnte daraus ein Rechtsanspruch auf zusätzlichen Lärmschutz bestehen.

Der Planfeststellungsbeschluss prognostizierte für dieses Jahr täglich 10 900 Fahrzeuge. Die aktuell gezählten Werte mit einem Anstieg von fünf Prozent hochgerechnet, kommt das Gutachten auf rund 8000 Durchfahrten im Jahr 2025. Die Verkehrsmenge ist also etwa ein Drittel niedriger als einst gedacht. Auch der Lkw-Anteil war bei den Zählungen unterm Strich etwas geringer.

Durch das Tempolimit wurde es leiser

Der Abstand zu den Schallgrenzwerten ist Bauamtsleiter Niedermaier zufolge sogar noch größer, als aus den reinen Verkehrszahlen abzuleiten wäre. "Alles ist noch unter der Annahme einer Geschwindigkeit von 100 Stundenkilometern berechnet." Mittlerweile gelten gegenüber vom Engerloh nurmehr 70 Kilometer pro Stunde. Landrat Robert Niedergesäß (CSU) hatte die Absenkung erwirkt - sozusagen als Vorgriff auf die geplante Sportstättenanbindung. Sie soll dort in einigen Jahren in Richtung Eisstadion abzweigen. Dann müsste die Geschwindigkeit ohnehin reduziert werden.

Betroffene halten die errechnete Durchschnittsbelastung für Unfug. Das Problem sei weniger ein konstanter Lärmpegel, erklärte Manfred Stürzer, einer der Engerloher Anwohner, nach der Sitzung. Die Belastung entstehe aus den Lärmspitzen von zum Beispiel aus den Kreisverkehren beschleunigenden Motorrädern oder zu schnell fahrenden Lastwagen. Und diesen Ausreißern käme man nur mit zusätzlichem Lärmschutz bei.

Der Rückzug auf gesetzliche Grenzwerte dient in Stürzers Augen "nicht der Problemlösung, sondern der Gewissensberuhigung von Stadtverwaltung und Stadtrat, die dann kein Geld für zusätzlichen Lärmschutz ausgeben müssen". Diese freiwillige Leistung hatte der Stadtrat stets kategorisch abgelehnt. CSU-Fraktionschef Max Graf von Rechberg verteidigte dies in der Sitzung. "Eine Million Euro für freiwilligen Lärmschutz? Was schaffen wir denn damit für Ungerechtigkeiten?" Würde die Stadt den Ostumfahrungs-Anwohnern zusätzlichen Schutz gewähren, könnte sie das an anderen Brennpunkten kaum verwehren. Dies war stets auch die Argumentation der Stadtverwaltung. Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) verwies auch in der jüngsten Sitzung wieder auf Vergleichswerte etwa aus Schammach. Hier liege der Bahnlärmpegel in der ersten Baureihe zwischen 70 und 75 db (A).

© SZ vom 04.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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