Grafing:Nicht unterzukriegen

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Nur verkohlte Reste waren von der Dobel-Kapelle übrig (v. l.): Marinus Greithanner, Johann Hupfer, Bürgermeisterin Angelika Obermayr. (Foto: Christian Endt)

Die beliebte Grafinger Dobelkapelle wird wiederaufgebaut - nur ein wenig moderner

Von Thorsten Rienth, Grafing

Als die Grafinger Feuerwehr am frühen Morgen des 16. April die Ausrüstung einräumte, war von der Dobelkapelle kaum mehr übrig als ein paar verkohlte Reste, die wie schwarze verkrampfte Arme und Finger aus dem Boden ragten. In der Gemeinde löste die abgebrannte Kapelle große Betroffenheit aus. Schnell scharte sich ein Unterstützerkreis um Stadtarchivar Bernhard Schäfer, sein Ziel: das kleine hölzerne Bethäuschen wieder aufbauen. Mittlerweile zeigen sich die Konturen des Vorhabens.

Es ist ein baulich-künstlerischer Spagat, den die Mannschaft plant. Die ersten Grundzüge hatte der Helferkreis in einem Treffen vor den Sommerferien bereits festgezurrt. "Wir möchten die Kapelle an sich möglichst originalgetreu nachbauen, aber bei der Inneneinrichtung und der Außengestaltung etwas moderner werden", erklärt Schäfer. Was das heißt? "Heute pflanzt doch keiner mehr vor einer Kapelle Thuja-Hecken." Da werde es sicherlich eine andere Lösung geben. "Für Drinnen gibt es die Überlegung, eine neue Vorrichtung für die Opferkerzen einzubauen - vielleicht eine kleine Blechwanne."

Letztere Idee hängt mit der möglichen Brandursache zusammen. Eine Theorie ist, dass eine der Opferkerzen umgefallen ist und dann das Holz der Kapelle entzündet haben könnte. Die zweite Variante, die in Grafing zu hören ist, geht von einer Brandstiftung aus. "Kaum glaubhaft ist es, dass die Brandursache das Anzünden einer Kerze im Innern gewesen sein könnte, noch dazu kurz vor Mitternacht", hält Hans Hupfer, Vorsitzender der Grafinger Arbeitsgemeinschaft für Heimatkunde, der ersten Theorie entgegen. "Nur Glück im Unglück, dass das lodernde Feuer mit den sprühenden Funken vielleicht wegen der damaligen Feuchtigkeit nicht umliegende Gebäude ergriffen und einen großen Waldbrand herbeigeführt hat." Die tatsächliche Ursache wird wohl Geheimnis bleiben. Die polizeilichen Ermittlungen sind Schäfer zufolge bereits eingestellt.

Dass der Brand in Grafing große Betroffenheit auslöste, liegt auch an der Bedeutung der Kirche für die Grafinger: Im "Dobel", dem Wald im Grafinger Süden, ist sie gleichzeitig Wegmarke und stiller Rückzugsort zum Innehalten. Der "Rad- und Kraftfahrerverein Solidarität" führt sie bei der alljährlichen Leonhardifahrt als Modell mit.

Erbaut wurde die Holzkapelle im Jahr 1870 von Sophie Stadler. Aus der Grafinger Marktkirche erhielt sie eine Figur der Schmerzhaften Muttergottes. 1951 zog das Kirchlein in eine Lichtung im Dobelwald um, denn Grafing wuchs schnell. "Man wollte ihr die durch die Bebauung der Nachkriegszeit verloren gegangene Abgeschiedenheit zurückgeben", erklärt der Historiker Schäfer.

Die neuerliche Betroffenheit erklärt auch ein weiterer Aspekt der Kapellengeschichte: Vor allem viele ältere Grafinger erinnern sich noch an das Jahr 1984. Damals hatten Rowdies die Kapelle so stark beschädigt, dass sie neu gebaut werden musste. Man packte gemeinsam an - ein Jahr später stand sie wieder. Unterkriegen ließ man sich nicht.

Dieses Mal könnte es ähnlich laufen. Nach der Sommerpause wollen die Aktiven die nächsten Schritte beschließen. Angebote müssen eingeholt, Vergaben organisiert werden. Geht es nach Schäfer, soll das noch im Herbst abgeschlossen sein. Dann ließe sich im Spätherbst mit dem Bau starten und die neue Kapelle im Frühjahr weihen.

© SZ vom 27.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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