Grafing:Neue Bauten, neue Schulden

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Auf der Grafinger Bürgerversammlung rechtfertigt Angelika Obermayr die großen Wohnungsbauprojekte der Stadt. Dieses Jahr werden noch Schulden abgebaut - in den nächsten Jahren könnte es teuer werden

Von Thorsten Rienth, Grafing

Mit einem Satz wurde es still in der Grafinger Stadthalle: "Es stehen bei uns ganz normale Leute im Rathaus, die erzählen, dass sie aus der Wohnung geflogen sind und nichts mehr finden. Das muss man sich mal vorstellen." Die Worte von Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) haben bei der Grafinger Bürgerversammlung am Dienstagabend sichtlich betroffen gemacht - und die Zahlen des Rechenschaftsberichts zur Randnotiz.

Die Summen, mit denen der Stadtrat gerade jongliert, sind aber dennoch ein Hinhörer: 10,9 Millionen Euro soll der Anbau an der Grundschule kosten. Der sei nötig, um einerseits die steigenden Schülerzahlen unterzubringen, erklärte die Bürgermeisterin. Andererseits müsse eine moderne Schule auch den Platzbedarf moderner pädagogischer Konzepte erfüllen, etwa Differenzierungs- und Ruheräume. Immerhin dürften rund fünf Millionen Euro an Zuschüssen nach Grafing fließen - und es Kämmerer Christian Bauer etwas trösten, dass sich die verbleibenden sechs Millionen Euro auf einige Jahre verteilen.

Obwohl die Stadt gerade erst etwa vier Millionen Euro für die Erweiterung des Gewerbegebiets in die Hand nahm, halte sich die Verschuldung in Grenzen, sagte die Rathauschefin. "Mit etwa 410 Euro pro Kopf sind wir deutlich unter dem Landesdurchschnitt von 600 Euro." In diesem Jahr peilt die Stadt sogar eine Schuldentilgung von 500 000 Euro an.

Dass die Schulden langfristig stiegen, gehöre aber zur Ehrlichkeit dazu, sagte Obermayr. Denn bald stehen weitere Investitionen an. Für die Sanierung des ehemaligen Schulgebäudes in der Rotter Straße sind einige hunderttausend Euro veranschlagt. Und das bereits beschlossene Kinderhaus mit zweitem Hort wird eine Millionenausgabe. "Wir kommen um die meisten Sachen einfach nicht herum, weil sie sogenannte Pflichtaufgaben sind, also Schule, Kitas und so weiter."

Trotzdem schwebt über allem die Problematik des günstigen Wohnraums. Denn gerade wegen Berichten wie jenem, über die von der Obdachlosigkeit bedrohte Familie, könne die Stadt den Wohnungsbau nur "priorisieren, priorisieren, priorisieren." Ein wichtiger Faktor sei dabei das Kommunalunternehmen, das Landkreis und Grafing gerade gründen. "Wir bauen damit Wohnungen für genau die Fälle, von denen ich erzählt habe: Leute, die normal arbeiten, aber hier auf dem freien Markt leider nichts mehr bekommen." Ende 2017 sollen die ersten Wohnungen in der Kapellenstraße bezugsfertig sein.

Nach der Pause kam schließlich der klassische Teil der Bürgerversammlung mit Frage-Antwort-Spiel zwischen Bürgerschaft und Stadtverwaltung in Fahrt. Es ging um mehr Parkplätze in Grafing Bahnhof, größere Schulwegsicherheit und gab Kritik an den wegen neuer Kanäle gestiegenen Wassergebühren. Auch das Thema Wohnraum war dabei: Ob die Stadt nicht angesichts der laufenden Verdichtung ihren ländlichen Charakter verliere?

Obermayr blieb konsequent. Ja, verdichtetes Bauen möge nicht jeder schick finden. Es sei aber nötig, um die Mietpreise nicht explodieren zu lassen. Ja, nach Norden ausgerichtete Dächer seien für Photovoltaikanlagen nicht brauchbar. Aber wenn die Bauträger mit eben dieser Ausrichtung mehr Wohnraum schafften: "Dann müssen wir in diesem Fall andere ökologische Schwerpunkte setzen, zum Beispiel mit dem Anschluss der Häuser ans Nahwärmenetz."

Eine Notiz am Rande: In die zweite Runde des bundesweiten Zukunftswettbewerbs habe es Grafing leider nicht geschafft, berichtete Obermayr. Punkten wollte Grafing mit einem 3D-Stadtmodell, in das sich im Sinne einer transparenten Bürgerbeteiligung etwa geplante Bauprojekte oder Verkehrssimulationen integrieren lassen. Auf die Grafinger Zukunftsstadt-Projekte habe das aber keine Auswirkungen. "Der Unterschied ist, dass wir das jetzt selbst bezahlen und nicht mehr mit Mitteln aus dem Bund."

© SZ vom 24.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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