Grafing:Löwe trifft Zauberlehrling

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Zarte Aufforderung; Die Orchester von Musikschule und Gymnasium Grafing locken mit einem Konzert für Streicher von Vivaldi. (Foto: Christian Endt)

Ensembles und Solisten des Gymnasiums Grafing präsentieren an zwei Abenden in der Stadthalle einen ambitionierten und unterhaltsamen Streifzug durch Musik und Literatur

Von Rita Baedeker, Grafing

An Schlaf ist nicht zu denken. Inmitten der singenden, rezitierenden, rappenden, trommelnden Schüler findet nicht einmal der faulste Löwe der Savanne Ruhe. Also hat auch er beim Frühjahrskonzert des Gymnasiums Grafing am Mittwoch und Donnerstag in der Stadthalle seinen Auftritt - in einer zauberhaften Inszenierung des Schwarzlichttheaters der Klasse 6 f, bei der man weiße Hüte, rote Hände und bunte Stäbe irrlichternd durchs Dunkel tanzen sieht. Zuvor spielen David Khatchatrian am Klavier, die Geigerin Anna-Lena Linke und Benedikt Geisberger am Schlagzeug eine klangschöne Trio-Version des 1939 komponierten Evergreens "The Lion sleeps tonight".

Die Nummer mit dem Löwen ist einer der Höhepunkte des Konzerts, bei dem Ensembles und Solisten des Gymnasiums, die Wahlkurse Rezitation und Schwarzlicht sowie der Kochkurs viel Können und Fantasie aufbieten, um dem Publikum Frühlingsgefühle zu vermitteln.

Zarte Verse aus dem Off, Verse von Arno Holz, Theodor Storm, Christian Morgenstern und Eduard Mörike bereiten vor auf Veilchen und Aprilgewitter. Die Trommelschläge des Percussion-Wahlkurses aber vertreiben erst mal den Winter aus dem Boden und die Frühjahrsmüdigkeit aus den Knochen. Von Samba-Rhythmen wusste Goethe vermutlich nichts, doch der fetzige Rap, den sich die Jungen und Mädchen der Klassen 7 f und 7 g im passenden Gangsta-Look zu dem Gedicht "Der Zauberlehrling" haben einfallen lassen, hätte dem Geheimrat bestimmt imponiert. Vielleicht eine Lernidee mit Zukunft.

Möglich, dass der Löwe bei den folgenden sanften Streicherklängen von Vivaldi ein Nickerchen hätte halten können, wäre da nicht der ungarische Tanz von Brahms. Die Orchester von Musikschule und Gymnasium Grafing unter Leitung von Julia Pangerl und Sebastian Maier spielen ihn mit viel Elan und Engagement.

Von der Dichtung beflügelt, lesen Mara Menger, Maja Singer und Lola Spiegl vom Rezitationskurs zwischen den Musikstücken Geschichten von einer dankbaren Bienenkönigin, einer Katze, vor der sich die Trolle fürchten, und von der wunderbaren Reise des kleinen Nils Holgersson, einem Text von Selma Lagerlöf, in dem es um die Walpurgisnacht geht.

Zu keiner Jahreszeit, Weihnachten ausgenommen, wird soviel gedichtet und gesungen wie im Mai. Mit Volkslied, Pop, Filmmusik und Jazzstandards stimmen die Chöre und Solisten des Grafinger Gymnasiums das Publikum auf die Jahreszeit ein. Das vom großen Chor gesungene Lied von den Königskindern, die nicht zueinander finden, wird begleitet von einem charmanten Schauspiel des Unterstufentheaters, bei dem eine von mehreren Schülern bewegte blaue flauschige Decke das "Wasser" darstellt, über das Prinz und Prinzessin einander erfolglos anhimmeln.

Dass auch im Frühling die Liebe nicht immer rosarot ist, das besingt mit bühnenreifer, berührender Stimme Christina Eimer in dem Song "Someone like you". Herausragend präsentiert sich die zweite Solosängerin des Abends, Anastacia Turcu. Schon bei dem von einer Würfelbecher-Percussion begleiteten "Cup-Song", dem Becher-Lied aus der Filmkomödie "Pitch Perfect", gibt sie eine Kostprobe ihrer ausdrucksstarken, facettenreichen Stimme. Der Knaller aber ist ihre Interpretation des Jazzstandards "Puttin' on the Ritz" von Irving Berlin zusammen mit der Bigband. Das bei diesem Song komplizierte Verhältnis von Versmaß und Rhythmus hat Turcu souverän im Griff. Die Bigband mit den Solisten Felix Dänekamp und Lukas Tristl, die auch längere Melodiebögen mit sauberem samtigen Ton blasen, präsentiert sich bei Berlins wunderbarem Evergreen rhythmisch animiert und so entspannt, dass endlich auch die Stimmung aufs Publikum überspringt.

Ein letzter Höhepunkt ist die akrobatische Einlage der Gruppe Movimento. Zu dem von der Bigband gespielten Stück "Spinning Wheel" jonglieren drei Jungs, von lautstarkem Beifall begleitet, passend mit einem Diabolo. Sehr gelungen und professionell auch die Moderation von Jakob Skudlik. Dass Schulleiter Paul Schölz ankündigt, der Unterricht am nächsten Tag werde, zumindest bis zur 10. Klasse, eine Stunde später beginnen, quittieren die Angesprochenen mit Jubel. Dann kann auch der Löwe endlich ausschlafen.

© SZ vom 25.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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