Grafing:Kunst und Knete

Lesezeit: 3 min

Stadthalle und Turmstube können einen Besucherrekord vermelden, wegen hoher Sanierungsskosten bleibt heuer aber ein Defizit von 225 000 Euro. Dank mehr Werbung soll dieses etwas schrumpfen

Von Wieland Bögel, Grafing

Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit, wusste schon Karl Valentin. Viel Arbeit gemacht haben sich auch Sebastian Schlagenhaufer, der seit etwas mehr als einem Jahr Leiter der defizitären Stadthalle ist, und sein Team. Im Kulturausschuss des Stadtrates stellte Schlagenhaufer einen Bericht zu Auslastung und Kosten des Veranstaltungsortes sowie einen Ausblick auf die kommenden Jahre vor. Das Fazit fällt einigermaßen ermutigend aus: Das Defizit sinkt, die Besucherzahlen gehen nach oben - die Kosten für Reparaturen und Erhalt der drei Jahrzehnte alten Halle allerdings auch.

Die Stadthalle war in der aktuellen Wintersaison beliebt wie nie. Im Zeitraum von Oktober 2015 bis Ende Februar 2016 besuchten insgesamt 11 323 Gäste eine Veranstaltung in der Halle, insgesamt 38 hat es in den fünf Monaten gegeben. Zum Vergleich: Im gleichen Zeitraum vor einem Jahr wollten nur 10 125 Zuschauer eine Veranstaltung in der Stadthalle sehen - obwohl der Vorhang dort damals sogar ein Mal öfter hochging. "Ein sattes Plus von zwölf Prozent", meinte Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) mit Blick auf die vorgestellten Statistiken anerkennend. Dieses Plus betrifft vor allem die Eigenveranstaltungen in der Halle, also jene, die das Team um Schlagenhaufer selbst auf die Beine stellt. Diese haben sich von neun auf 18 verdoppelt, während die Fremdveranstaltungen von 30 auf 20 gesunken sind - allerdings offenbar ohne nennenswerten Einfluss auf die Besucherzahlen: Diese sanken im Bereich Fremdveranstaltungen gerade einmal um 95 auf 8165, während sie bei den Eigenveranstaltungen von 1960 auf 3063 stiegen. Und eigentlich ist das Plus sogar noch satter, denn seit dieser Wintersaison ist auch die Turmstube regelmäßig für Veranstaltungen geöffnet, insgesamt elf waren es zwischen Oktober und Februar, 625 Zuschauer kamen. Auch hier sind die Eigenveranstaltungen der Publikumsmagnet mit 435 Gästen - im Vergleich zu 190 bei Fremdveranstaltungen.

Besonders gut angenommen werden laut Schlagenhaufer die donnerstäglichen Kleinkunstabende, also Comedy und Kabarett, genauso wie die einmal im Monat stattfindenden Jazz-Veranstaltungen. Auch in der eigentlichen Halle gibt es mehr oder weniger beliebte Veranstaltungen - letztere habe man in den vergangenen Spielzeiten konsequent zurückgefahren, so Schlagenhaufer. Etwa die früher regelmäßig aufgeführten Boulevard-Komödien, "die waren so schlecht besucht, die gibt es jetzt gar nicht mehr". Gut liefen dagegen Dinner-Shows, Theater und Kindertheater sowie Multivisions-Shows, also die moderne Variante des guten alten Dia-Vortrages.

"Das Konzept der Turmstube hat sich bewährt", so Schlagenhaufers Fazit, "aber der Saal bleibt ein schwieriger Veranstaltungsort". Dies liege an der Größe: Um etablierte - also teure - Künstler bei vernünftigen Eintrittspreisen auftreten zu lassen, bräuchte es nach Schlagenhaufers Berechnung mindestens 500 verkaufte Tickets. Die Stadthalle bietet aber nur Platz für rund 300 Zuschauer. "Wir brauchen also eine größere Halle", witzelte die Bürgermeisterin. "Oder eine kleinere", meinte Schlagenhaufer, denn die 300 Plätze seien für kleinere Veranstaltungen wieder zu viel.

Unterhalten lassen sich aber nicht nur die Besucher, unterhalten werden muss auch die Halle selbst. Und dies ist bei einem Gebäude, das Ende dieses Jahres den 30. Geburtstag feiert, nicht ganz billig: Alleine 150 000 Euro wird die Stadt heuer für den Brandschutz in der Halle ausgeben müssen, weitere 120 000 Euro sind für andere "bauliche Maßnahmen" eingestellt, im kommenden Jahr werden es insgesamt noch einmal 200 000 Euro sein. In den Folgejahren rechnet man mit konstanten Baukosten von je 50 000 Euro. Vorgenommen werden sollen zum einen Reparaturen in den Sanitäranlagen, vor allem aber bei der Elektrik. Diese sei teilweise in einem desolaten Zustand, sagte auch die Bürgermeisterin: "Wenn wir da nicht investieren, verlieren wir die Betriebsgenehmigung." Diese Investitionen haben aber zur Folge, dass das Defizit der Halle in diesem Jahr wieder steigen wird, auf rund 225 000 Euro, den höchsten Stand seit fünf Jahren. Im vergangenen Jahr lag es noch knapp 50 000 Euro darunter. Vergleichsweise bescheiden nehmen sich dazu die Ausgaben für den Ausbau der Turmstube aus, rund 30 000 Euro haben diese gekostet und damit etwa genau so viel, wie man in der Saison 2015/16 bei den Gagen im Vergleich zum Vorjahr einsparen konnte.

Mehr Potenzial als bei Einsparungen sieht man bei einer Erhöhung der Einnahmen. Diese haben sich in den vergangenen Jahren kaum verändert: Im Vorjahr lagen sie bei etwa 115 000 Euro, heuer könnten es 120 000 werden, was in etwa dem Wert von 2013 entspricht, aber noch unter dem bisherigen Rekord von 2002 mit 140 000 Euro Einnahmen liegt. Schlagenhaufer hat bereits mehrere Ideen, um mehr Einnahmen zu generieren. So soll etwa die Zusammenarbeit mit der örtlichen Wirtschaft verstärkt werden: Zum einen sollen die Geschäftsleute als Sponsoren, vor allem aber als Werbepartner gewonnen werden. Bei der Zahl der Besucher sieht man noch Luft nach oben, besonders im südlichen Landkreis, wo die Wege nach Grafing kurz sind, könnte eine Werbeoffensive erfolgreich sein, erwartet Schlagenhaufer. Gleichzeitig soll auch die Zusammenarbeit mit den Vereinen und Schulen, aber auch der Kulturschaffenden untereinander und sogar mit den Nachbarn aus Ebersberg verbessert werden, etwa beim im kommenden Jahr stattfindenden Jazz-Festival. Und auch an der Angebotspalette wird weiter gearbeitet, als nächstes will sich das Team an einer Tanzveranstaltung versuchen.

© SZ vom 10.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: