Grafing:Kinder statt Kredite

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Mit dem unerwarteten Babyboom wachsen die Aufgaben der Stadt. Die Grundschule etwa müsste in ein paar Jahren erweitert werden. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Grafing freut sich über Babyboom und mehr Geld in der Kasse

Von Thorsten Rienth, Grafing

Das sind Sitzungen, auf die sich Kämmerer freuen: Anstatt für gut fünf Millionen Euro neue Kredite aufnehmen zu müssen, kann die Stadt Grafing darauf verzichten und sogar 500 000 Euro in die Schuldentilgung stecken. Der Geldsegen weckt aber auch Begehrlichkeiten, wie am Dienstag bei der Sitzung des Grafinger Finanzausschusses deutlich geworden ist.

"Ich frage mich schon, ob wir, anstatt die halbe Million Euro in die Tilgung zu stecken, sie nicht besser investiert hätten", stellte Stadtrat Peter Rothmoser (Freie Wähler) klar. "Schauen wir doch mal, was wir bei der Aufstellung des Haushalts gestrichen haben - und ob wir da nicht Planungen wieder aufnehmen können." Ähnlich argumentierte Heinz Fröhlich (Bündnis für Grafing). "Da gehen doch Spielräume auf für freiwillige Ausgaben in Richtung Schule, Bildung und Kultur."

Die Gegenrede aus der Stadtverwaltung kam prompt, zuerst von Kämmerer Christian Bauer. "Wenn Sie eine Ausgabe finanzieren wollen, die nicht im Haushalt steht, dann brauchen wir einen Nachtragshaushalt", sagte er. Wer noch etwas anpacken wolle, der möge es bitte auch per Nachtragshaushalt förmlich beantragen. Doch das dürfte eng werden. Selbst wenn der Antrag morgen in der Stadtverwaltung liegen sollte, könnte ihn das Gremium frühestens in der November-Sitzung des Stadtrats beraten. Zu dieser Zeit beginnen aber schon die Vorbereitungen für die Aufstellung des Haushalts 2017.

Dann bremste Bürgermeister Angelika Obermayr (Grüne) Hoffnungen. "Wir werden in den nächsten Jahren für die Grundschule viel mehr auszugeben haben als geplant." Da sei sie um ein paar hunderttausend Euro Puffer mehr als froh. Hintergrund ist ein unerwarteter Anstieg der Geburten in der Stadt. Zeitversetzt bedeutet das die Notwendigkeit für mehr Kinderkrippen- und Hortplätze sowie zusätzliche neue Klassenzimmer. Und, woran Thomas Huber (CSU) erinnerte: Mit gestiegenen Einnahmen würde zwei Jahre später auch die Umlage an den Landkreis steigen.

Der Grund für die ungewöhnlich Dynamik, die eine üblicherweise recht formal abgehaltene Finanzausschusssitzung entwickelte, war die Bilanz nach drei von vier Quartalen, die Kämmerer Christian Bauer dem Gremium vorlegte - mitsamt ein paar großer Zahlensprünge, die sich mit zunehmendem Kurs auf das Jahresende immer deutlicher manifestierten. Nahm die Stadt im vergangenen Jahr noch gut vier Millionen Euro an Gewerbesteuer ein, könnten es in diesem Jahr sogar über fünf Millionen Euro werden. Die Nachricht daran am Rande: Die umstrittene Gewerbesteuererhöhung vor zwei Jahren drückt offensichtlich nicht auf die Wirtschaftlichkeit der Grafinger Gewerbetreibenden. Zudem entwickele sich die Einkommenssteuerbeteiligung weiter zufriedenstellend.

Hauptgrund für die finanzielle Entspannung sind zwar die wegfallenden rund vier Millionen Euro für die einst geplante Flüchtlingsunterkunft. Aber auch der Rest der Ausgabenseite zeigt sich besser als erwartet. Bei den Ausgaben für den Unterhalt ihrer Gebäude gab die Stadt bis Ende September lediglich rund 140 000 von knapp 410 000 Euro aus. Bei den Bewirtschaftungskosten der Gebäude wurden vom Ansatz von 534 700 bis dahin etwa 290 000 Euro ausgegeben. Das ist - bei allen Schwankungen, die durch die konkreten Buchungsdaten entstehen können - spürbar weniger, als rechnerisch nach drei Vierteln des Jahres sein müssten.

Ein angenehmer Nebeneffekt von alldem beschert der Stadt weitere 155 000 Euro. Sie waren ursprünglich als Zinsen für die neuen Schulden eingeplant - und entfallen nun.

© SZ vom 13.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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