Grafing:Jazz als Echo der Freude

Lesezeit: 2 min

Der Saal war brechend voll beim ersten Jazz-Konzert im Grafinger Rathaus. Das Publikum genoss Perfektion und Eleganz der Musik. (Foto: Christian Endt)

Bernd Lhotzky und die "Echoes of Swing" machen Gute-Laune-Musik mit höchster Könnerschaft

Von Claus Regnault, Grafing

Jazz kann sehr anstrengend sein, zuweilen bis zur Schmerzhaftigkeit. Es gibt aber auch einen Jazz, der gegen Ende der 20er Jahre und in den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts entstanden ist, der leichtfüßig swingend gute Laune verbreitet. Seine Vorreiter sind so gut gelaunte und gute Laune verbreitende Musiker wie Fats Waller, Benny Goodman, Teddy Wilson und John Kirby. Das Merkwürdige ihrer Musik ist, dass sie in einer Zeit entstand, in welcher die USA von der Weltwirtschaftskrise und daraus folgender massiver Arbeitslosigkeit betroffen war. Da betätigte sich die Musik als Schönrednerin und Hoffnungsträgerin, vergleichbar der blendend weißen Kleidung des Protagonisten der 20er Jahre: Scott Fitzgerald.

Ihre Musik und ihre gute Laune haben Stil und Charakter der Echoes of Swing hörbar beeinflusst, wovon man sich am Pfingstsonntag im brechend vollen Rathaussaal Grafing überzeugen konnte. Was die Musiker da präsentierten, hatte Humor und Eleganz und zeugte von mehr als einer nur soliden Könnerschaft. Die Vier, Bernd Lhotzky am Piano, Colin T. Dawson, Trompete und Vocals, Chris Hopkins, Altsaxofon und Arrangement, und Oliver Mewes am Schlagzeug sind perfekte Instrumentalisten und Jazzer, Lhotzky mit klassischem Background im Stridepianostil, Dawson geprägt von der Trompetenkunst eines Bunny Berigan und Buck Clayton, der auch eine zarte Gesangsstimme, nicht unähnlich der von Chet Baker ins Feld führen kann. Das basslose Quartett hat in Oliver Mewes einen Drummer, der mit seinem Instrument auch die fehlende Rhythmusbasis des Kontrabasses zu repräsentieren vermag.

Bemerkenswert, wie er das Bix Beiderbecke-Thema "Blue River" ausschließlich mit dem rhythmisch bewegten Becken zu skandieren vermag. Hörbar die rechte Hand von Lhotzky, ist Chris Hopkins nicht nur wegen seines beredten Saxofonspiels, sondern auch als Arrangeur, dem die Vergegenwärtigung des wunderbar luftigen Arrangementstils von John Kirby gelingt. Lhotzky, der im Landkreis lebt, schließlich brilliert mit seinem filigranen Anschlag in einer latin-rhythmisierten Eigenkomposition zum Geburtstag seiner Frau, zusammen mit Hopkins im Duo in Fats Wallers "Lulu's Back in Town", in Shearing's "Lullaby of Birdland" und in Arlen's Ballade "Over the Rainbow".

Das Programm des Abends war neben den erwähnten Nummern auch mit zwei Songs von Billie Holiday, auf der Trompete gesungen von Dawson, der im up-Tempo exekutierten "Schmetterlingsetude" von Chopin, mit "Azzurro" von Paolo Conte, Duke Ellington's "Azure" und - O Graus! - mit einer Bebopnummer "Blue and Naughty" von Hopkins bestückt, so virtuos hingepfeffert, dass selbst das eher konservative Publikum nichts dagegen einzuwenden hatte.

Die Begeisterung führte zu drei Zugaben und dem dringenden Wunsch, dass Lhotzky seinen Wohnort von dem weit weit entfernten Berganger nach Grafing verlegen sollte.

© SZ vom 30.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: