Grafing:Inspirierter Jazz

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Claus Koch am Tenorsaxofon und seine "Boperators" leiteten den Abend fantastisch inspiriert ein. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Claus Koch begeistert mit den "Boperators" im Turmstüberl

Von Claus Regnault, Grafing

Das Ereignis in Zahlen: 20 aktive Musiker, zehn passive Musiker, etwa 80 Zuhörer. Der Turm hat gebrummt, weil der Abend durch die "Boperators", das Quartett des Tenorsaxofonisten Claus Koch, Leihgabe aus Freising, so fantastisch inspiriert eingeleitet wurde, dass diese Inspiration den ganzen Abend hindurch in den folgenden vier Jam Session-Sets befruchtend weiterzuwirken schien.

Claus Koch, der in Graz und bei Altmeister Barry Harris in New York studiert hat, ist der Souverän seines Instruments, wohl nicht nur deutschlandweit, sondern international. Souverän meint hier, dass ihm die Töne zu Gebote stehen, sich fließend in die Improvisation fügen, die, jeden Leerlauf, jede abgenutzte Phrase vermeidet, und immer überraschend neue Ideen verwirklicht. Seine Partner, Tizian Jost (piano), Andi Kurz (bass), und Michael Keul (drums) sind aus ähnlichem Holz geschnitzt, wobei Tizian in ähnlicher Weise fantasie- und bilderreich seine Klaviervariationen gestaltet. Tizian, ehemals Partner des großen, leider früh verstorbenen Günter Klatt, hat es inzwischen zum Professor an der Münchener Hochschule für Theater und Musik gebracht, sein Spiel ist alles andere als professoral, auch er ein Jazzer von Blut. Hübsches Beispiel für die weiterwirkende Kraft des Jazz war auch der in der Session hinzutretende Schüler von Tizian, der inzwischen 18-jährige Niklas Roever, der hoch konzentriert und ideenreich auf die Vervollkommnung seiner eigenen Improvisationssprache zustrebt.

Inspiriert war der ganze Abend, denn es ereignete sich das, was der eigentliche Sinn einer Jam-Session ist, dass sich das Vorbild der Profis auf die Qualität der Amateure auswirkt, so unter anderem geschehen im Tenorspiel von Chris Naleppa und im Altspiel von Joachim Jann, in den Improvisationen des Pienzenauer Trompeters Sepp Schmölz und des Dorfener Tenoristen Walter Ruckdeschel, der schon Profiqualität zeigt. Die Liga der Profis vertrat mit seinem Solo im zweiten Session-Set der Trompeter Matthias Engl aus Wasserburg, der einen lupenreinen Bebop-Stil, frisch aus der Quelle der von ihm besuchten New Yorker Julliard-School of Music demonstrierte.

Es gab natürlich auch noch kompetente Gitarristen wie Paul Brehm und Martin Wessalowski und die unermüdlichen "Oldies" unserer Region Peter Sigel, der mit seiner Posaune Fundamentarbeit leistete, und Helmut Mayer, Kirchseeon, der im vierten und letzten Set daran erinnerte, dass er einer der Väter des Jazz in unserem Landkreis ist. Es ist fast unmöglich, alle teilnehmenden Musiker zu erwähnen, aber doch die durchweg präsenten Schlagzeuger Jochen Enthammer, Axel Poletti, Xaver Hellmeier und am Bass der unermüdliche Andi Kurz, der den Löwenanteil seines Parts in drei Sets überzeugend präsentierte.

Farben in dieses "Einerlei" aber Vielerlei von Jazz brachten am Anfang der Jam-Session der Argentinier Ruben di Renzo mit seinem sehr erdigen Soulspiel auf der elektronischen Hammondorgel und das Wiedersehen und Hören, nach längerer Pause, der schönen jazzig bewegten Stimme von Nina Plotzki aus Moosach. Mit weiterklingenden Ohren verließ man den gerade erlebten Höhepunkt eines gelungen Jazz-Abends - ein Beispiel dafür, was die Interessensgemeinschaft Jazz Grafing-Ebersberg um Initiator Frank Haschler regional, national und international zustande bringt.

© SZ vom 04.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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