Grafing:Gewitter über der Steppe

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Die junge mongolische Sängerin Enkhjargal Erkhembayar steht im Mittelpunkt des Ausnahmekonzerts. (Foto: Christian Endt)

Ein All-Star-Ensemble vereint in Grafing mongolische Melancholie mit Jazzfeeling

Von Claus Regnault, Grafing

Der Herr des Gewitters ließ markerschütternde Blitzschläge aufs Publikum herunterfahren, Einleitung einer Schlagzeugperformance von dramatischer Wucht: Der große 76-jährige US-Drummer Billy Hart war der naturgewaltige Star des Abends! Sein ungemein variables Spiel befeuerte nicht nur seine Mitmusiker, sondern auch das zuhauf erschienene und zu Recht erwartungsfreudige Publikum. Denn was da musikalisch zusammen kam, um ein Weihnachten der anderen Art zu feiern, war von internationaler Güte. Martin Zenker, der Ex-Kirchseeoner am Bass, hatte mit seinem unermüdlichen Organisationstalent ein illustres Star-Ensemble in Grafings Jazzturm importiert, das sich gewaschen hatte. Da war neben und mit ihm und mit Billy Hart der herrlich lyrisch sein Piano zu beredter Sprache bringende Paul Kirby, der Schotte und langjährige Freund Zenkers, und da war auch der improvisatorische Riese aus Weilheim, Johannes Enders am Tenorsaxofon, der auch musikalisch zu einer menschennahen Variationssprache gewachsen ist.

Und dieses wahrhaft internationale Starensemble begab sich in die dienende Rolle der Begleitung der noch sehr jungen, mit mädchenhafter Stimme lupenrein intonierenden Mongolin Enkhjargal Erkhembayar. Es galt, Zärtlichkeit und Klangreichtum farbenreich in den melancholischen weiten Melodien ihrer Heimat mit Jazzfeeling zu vereinen und zu vermitteln. Sie ist natürlich insoweit nicht nur Erbin heimischer klassischer Musik, sondern in der Schule des "Goethe Musiklabors Ulan Bator" und mittels der Schulung durch dessen Leiter Martin Zenker, der auch einige Stücke des mongolischen Klassikers Gonchigsuumla neu arrangiert hat, groß geworden. Berührend dabei die fast schüchterne, eben mädchenhafte Art dieser Sängerin, sich einem westlichen Publikum zu präsentieren. Wie sehr sie auch das Jazzidiom sich zu eigen gemacht hat, war in ihrer Zugabe, der Umsetzung einer Bebop-Improvisation in einen Song von James Moody "Moody's Mood for Love", zu erleben. Und sehr ans Herz gehend ihr der "Mutter" gewidmeter Song "Eejdel", eine Hommage an die im Saal anwesende, gastgebende Mutter von Martin Zenker.

Das in spürbarer Kennerschaft begeistert reagierende Publikum im Turm der Stadthalle blieb anschließend noch zu langen und lebhaften Gesprächen über das gerade erlebte musikalische Ereignis animiert sitzen.

© SZ vom 30.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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