Grafing:Geschichte des Christentums

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Jörg Lauster liest aus seinem Buch "Die Verzauberung der Welt"

Am Mittwoch, 25. November, stellt der Professor für Systematische Theologie und Religionsphilosophie Jörg Lauster in den Turmstuben der Stadthalle sein Buch "Die Verzauberung der Welt - eine Kulturgeschichte des Christentums" vor. In seinem Werk lässt der Autor zwanzig Jahrhunderte an den Lesern vorüberziehen: Jesus und die Jerusalemer Urgemeinde, die staatliche Anerkennung des Christentums unter Kaiser Konstantin, das Kloster als Wiege des Abendlandes, das Papsttum und die Reformation, den Aufbruch der amerikanischen Puritaner und die der deutschen Pietisten in die Moderne bis hin zur Gegenwart des 2. Vatikanischen Konzils und der Wahl des argentinischen Kardinals Bergoglio zum Papst Franziskus.

Der Autor geht aber auch auf die Schattenseiten dieser Geschichte ein: Die Kreuzzüge, die Verfolgung von Juden und Hexen, die Inquisition. Er erörtert den lange fehlenden Widerstand gegen die Sklaverei, die Verstrickung der Mission in den Kolonialismus, die Infragestellung der Religion durch Feuerbach, Marx, Nietzsche und Freud. Das Christentum soll, so Lauster, nicht verteidigt, sondern als Ort der eigenen Herkunft gewürdigt werden. Deshalb werden auch die düsteren und irrationalen Erscheinungsformen angesprochen. Das Finstere könne nur dann vertrieben werden, "wenn eine Religion das Licht der Aufklärung auf ihre eigene Geschichte wirft".

In seiner Kulturgeschichte des Christentums zeigt Jörg Lauster, wie der Glaube seit der Antike nicht nur die Kirche, sondern auch Kunst, Zusammenleben, Wirtschaften, Regieren und Forschen geprägt hat. Für Lauster ist das Christentum die Sprache eines Weltgefühls, "das den Überschuss als das Aufleuchten göttlicher Gegenwart in der Welt versteht, es ist daher die Sprache einer kontinuierlichen Verzauberung der Welt. Diese Verzauberung endet nicht in der Moderne, sie nimmt nur andere Formen an". Lauster: "Die Größe der christlichen Botschaft trieb das Christentum zur steten Weiterentwicklung der vorgefundenen Formen. Als gelebte Religion ragt das Christentum vielmehr hinein in die Kultur und drückt sich aus in Haltungen von Menschen, ihren Gestimmtheiten, ihrem Umgang mit der Natur und ihrem Verhalten gegenüber anderen Menschen, in ihren Plänen und Hoffnungen." Kultur und Religion, so Lauster, "sind nicht nur eng miteinander verwoben, sie sind oftmals eins, bedingen sich gegenseitig, befruchten sich und gebären wunderbare Kinder voller Magie".

Für Lauster ist es kleinmütig, "allein schon leere Kirchen für den Untergang des Christentums zu halten". Das hieße, so der Autor, das Christentum kleiner zu machen, als es ist. "Das Christentum ist mehr als ein Dogma, es ist mehr als eine Institution, die es hervorgebracht hat. Das Christentum ist offen, es ist anpassungsfähig und nur dort zum Siechtum verurteilt, wo sich Kulturformen mit absolutem Anspruch in der Endlichkeit dieser Welt einschließen. Die Veranstaltung beginnt um 20 Uhr. Der Eintritt beträgt fünf Euro.

© SZ vom 21.11.2015 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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