Grafing:Finanzielle Unregelmäßigkeiten

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Ex-Finanzvorstand des Grafinger "fair"-Weltladens entschuldigt sich. Jetzt soll die Staatsanwaltschaft den Fall prüfen

Von Thorsten Rienth, Grafing

Es war das bestimmende Thema bei der Mitgliederversammlung des Grafinger "fair"-Weltladens Ende Oktober: Eine Revision des Aufsichtsrats hatte in der Bilanz der Genossenschaft einen Fehlbetrag von rund 13 000 Euro ergeben. Die Verantwortung dafür lag offenbar beim früheren Finanzvorstand. Nun soll die Staatsanwaltschaft prüfen, ob eine Straftat vorliegt.

Öffentlich wurden die Geschehnisse allerdings erst am gestrigen Sonntag. "Ich habe lange mit mir gerungen", sagt Ottilie Eberl, eine der Gründerinnen der Initiative, der Ebersberger SZ. "Es geht mir nicht darum, jemanden fertig zu machen. Aber der Anspruch der Genossenschaft sei Fairness und Transparenz. Ich will mir nicht später einmal vorwerfen lassen, davon gewusst, aber nichts gesagt zu haben." Davon - das Wörtchen steht für die Hauptaufgabe des Finanzvorstands: Das eingenommene Geld aus der Kasse zur Bank zu bringen. "Das wurde überwiegend auch gemacht", berichtet Eberl. Aber seit dem Jahr 2013 eben nicht mehr lückenlos. Als "Unregelmäßigkeiten im Geldtransfer", bezeichnet sie den Vorgang. Ihr zufolge ist er seit der Revision des Aufsichtsrats nicht mehr nur ein Vorwurf. "Das ist alles belegbar", sagt Eberl.

In die Praxis übertragen könnte sich das so abgespielt haben: Geld, das für das Bankkonto der Genossenschaft bestimmt gewesen war, wurde beim Finanzvorstand zwischengeparkt. "Ich habe deshalb einen Anwalt damit beauftragt, bei der Staatsanwaltschaft prüfen zu lassen, ob diese Unregelmäßigkeiten eine strafbare Handlung sein könnten", sagt Eberl.

Auch Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) spricht sich als Vertreterin der Stadt für eine solche Prüfung aus.

Auch die Stadt Grafing ist Mitglied der Genossenschaft. Bei der Versammlung am 29. Oktober war der bereits im Sommer zurückgetretene Finanzvorstand nicht anwesend. Aufsichtsratsvorsitzender Wilhelm Gardt verlas den Mitgliedern allerdings eine Erklärung des Ex-Vorstands. Darin räumte dieser "durch nichts entschuldbare schwere Fehler" ein. Sie seien Folge einer auch beruflich bedingten Arbeitsüberbelastung gewesen. Für die entstandenen Fehlbuchungen habe er im Sommer sofort die Verantwortung übernommen und sei deshalb auf eigenen Wunsch zurückgetreten. "Ebenso übernahm ich die Verantwortung für die Beseitigung der finanziellen Folgen. Ich möchte betonen, dass ein finanzieller Schaden für die Genossenschaft dadurch nicht entstanden ist." Er entschuldige sich bei den Genossenschaftern, dem Aufsichtsrat und den Vorstandskollegen in aller Form.

Die Genossenschaft betreibt den "fair"-Weltladen im hinteren Teil des Kreuzschmied-Hauses an der Ostseite des Grafinger Marktplatzes. Die Aktiven verkaufen dort Produkte aus regionaler, ökologischer und sozialer Produktion. Mitte des Jahres 2005 war unter einigen Grafingern um Ottilie Eberl, Uwe Peters und Beate Eckert die Idee aufgekommen, den ehemaligen Dritte-Welt-Laden aus der Griesstraße wieder zu eröffnen. Bei der Frage nach dem passenden Rechtskonstrukt, fiel die Entscheidung für eine Genossenschaft. Im Jahr 2006 wurde sie von 85 Grafingern gegründet. Inzwischen zählt sie über 160 Mitglieder.

© SZ vom 07.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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