Grundschule Grafing:Emotionaler Halt im Klassenzimmer

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Beratung und Hilfe soll ein Schulsozialarbeiter den 445 Kindern an der Grafinger Grundschule vom kommenden Schuljahr an bieten. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

An der Grafinger Grundschule gibt es bald Sozialarbeit für die Kleinsten. Die jährlichen Kosten für das Projekt in Höhe von 21 300 Euro werden aus der Stadtkasse beglichen.

Von Wieland Bögel, Grafing

Die Betreuung der Grafinger Schulkinder soll verbessert werden, dazu gibt es vom kommenden Herbst an Sozialarbeit an der Grundschule. Dies hat der Stadtrat in seiner jüngsten Sitzung einstimmig beschlossen. Die jährlichen Kosten für das Projekt in Höhe von 21 300 Euro werden aus der Stadtkasse beglichen.

Warum man diese freiwillige Aufgabe übernehmen wolle, schilderten Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) und Jugendpfleger Himo Al-Kass. So gebe es zum einen immer mehr Kinder mit Migrationshintergrund in der Schule, aktuell seien es 23 Prozent. Aber auch die Situation in den einheimischen Familien habe sich in den vergangenen Jahren sehr geändert. So gebe es mehr Alleinerziehende, genau wie immer mehr Familien, in denen beide Eltern in Vollzeit arbeiteten.

Die Schulen werden immer größer

"Viele Familien sind aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr in der Lage, ihre Kinder ausreichend zu fördern, zu unterstützen und ihnen emotionalen und sozialen Halt zu geben", so das Fazit der Verwaltung. Außerdem werde die Schule selbst immer größer - für das kommende Schuljahr sind 445 Mädchen und Buben angemeldet, das entspricht jeweils fünf ersten bis dritten und vier vierten Klassen. Und die Kinder verbringen auch immer mehr Zeit in der Schule, je eine der ersten bis dritten Klassen ist ein Ganztagesangebot.

Die Folge all dieser Entwicklungen sei, dass "immer mehr Schülerinnen und Schüler ihre Probleme, Verhaltensauffälligkeiten, Belastungen und Beeinträchtigungen in die Grundschule und somit in den Unterricht mitbringen". Die Lehrer könnten neben dem eigentlichen Unterricht nicht auch noch diese Probleme lösen, so Obermayr, daher sei professionelle Unterstützung in Form einer regelmäßig anwesenden Schulsozialarbeiterin mit den Arbeitsschwerpunkten Beratung, Unterstützung und Prävention sinnvoll. "Wir können lamentieren über den Zustand der Familien", so Obermayr weiter, "oder wir können handeln."

Sozialarbeit hätte schon vor Jahren helfen können

Ein Angebot, das Max-Emanuel Graf von Rechberg (CSU) nur zu gern annahm: "Ich will lamentieren, ich sehe nicht ein, dass die Öffentlichkeit wieder einmal einschreiten muss." Und auch den Bedarf könne er nicht so richtig erkennen. Schließlich seien seine eigenen Kinder erst vor 15 Jahren auch auf die Grafinger Grundschule gegangen, "da lief es reibungslos".

Eine Einschätzung, der Regina Offenwanger (SPD) entschieden widersprach. Auch ihre Kinder seien vor 15 Jahren in die Grundschule gegangen, wo es das Problem verhaltensauffälliger Kinder auch schon gegeben habe: "Schon damals hätte Sozialarbeit helfen können." Daher sei es "höchste Zeit", diese endlich einzuführen. Dann aber für die Eltern und verpflichtend, meinte Rechberg, schließlich seien diese doch verantwortlich für die Probleme der verhaltensauffälligen Kinder. Tatsächlich sei auch geplant, die Eltern einzubinden, sagte Al-Kass, "man muss sie schon in die Verantwortung nehmen".

Fördermittel gibt es für die präventive Arbeit nicht

Die überwiegende Mehrheit der Stadträte hatte ohnehin nichts an dem Projekt auszusetzen, über das das Gremium immerhin bereits vor gut drei Jahren das erste Mal beraten hatte. Er unterstütze zwar durchaus "die Sozialkritik" seines Fraktionskollegen, meinte etwa Josef Rothmoser, "ich sehe schon auch Defizite in der Gesellschaft". Aber wenn die Schulen diese Defizite schon ausgleichen müssten, solle man sie auch entsprechend ausstatten.

Christiane Goldschmitt-Behmer (Grüne) wollte noch wissen, ob man nicht zumindest einen Teil der Kosten aus Fördermitteln decken könne. Dies sei zwar grundsätzlich möglich, so Al-Kass, aber nicht für die Art Sozialarbeit, welche die Stadt an der Schule einführen möchte. Diese soll sich besonders mit der Prävention von sozialen Problemen befassen, Fördergeld gebe es aber nur für Jugendsozialarbeit, die sich um Kinder kümmert, die diese Probleme schon hätten. Auch sei die für Fördermittel nötige Bürokratie erheblich.

Ohne Gegenstimmen wurde die Einführung der Schulsozialarbeit schließlich beschlossen.

© SZ vom 04.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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