Grafing:Einzelkämpfer

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Vor sechs Jahren war Axel Kajnath Moderator der Sonderbürgerversammlung zur damals geplanten Geflüchtetenunterkunft in Schammach. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Max Wallenöffer hat das anonyme Flugblatt verfasst

Von Korbinian Eisenberger, Grafing

Dann stand er auf, der Mann im Jackett, der zuvor 90 Minuten auf seinem Stuhl verbracht hatte. "Ich gehöre zu den besorgten Bürgern", sagte er, rief es fast durch die Halle, stinksauer darüber, wie der bisherige Abend verlaufen war. Ein Polizist hatte Zahlen genannt, die zeigten, dass der Anstieg der Flüchtlinge in Grafing nicht zu mehr Kriminalität geführt hat. Jetzt war Max Wallenöffer an der Reihe, das Mikrofon in der Hand. Erbost, aber entschlossen - und bereit, das Geheimnis zu lüften.

In den Tagen vor der Bürgerversammlung hatte ein Flugblatt in Grafing die Runde gemacht. Der Verfasser hatte es mit einer anonymen E-Mail-Adresse unterzeichnet und vor "bis zu 200 Männern aus Arabien und Afrika" gewarnt. Der Verein Ausländerhilfe und der Grafinger Helferkreis hatten die falschen Zahlen scharf kritisiert - am Donnerstagabend sagte auch Landrat Robert Niedergesäß, die anonyme Flugblatt-Aktion sei "politisch nicht angebracht" gewesen. Und: "Man sollte dazu stehen, mit seinem Namen."

Das tat der Mann im Jackett dann, in jener Veranstaltung, zu der 400 Grafinger gekommen waren - die meisten von ihnen klatschten, als die Helfer von ihren Erlebnissen mit den Flüchtlingen erzählten. Trotzdem erhob sich Wallenöffer. "Ich war derjenige", sagte er und wurde prompt ausgebuht. "Ich hab' es gar nicht geschafft, allen eins in den Briefkasten zu stecken", sagte er später, dafür gab es vereinzelt Applaus.

Wallenöffer war letztlich einer der wenigen in der Grafinger Stadthalle, der von Ängsten sprach, die der Zustrom von Flüchtlingen bei ihm auslöst. Warum genau er ängstlich war, darauf konnte er am Donnerstagabend allerdings keine Antwort geben - wie zuletzt auch Anwohner der Grafinger Mühlenstraße. Dennoch haben sie es vorerst geschafft, ein Flüchtlingsheim in der Nachbarschaft zu verhindern.

© SZ vom 13.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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