Grafing:Einmal um die Welt

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Monika Schenking entlockt ihrem Akkordeon Klänge, die an argentinischen Tango erinnern. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Das Konzert "Klangräume" entführt die Zuschauer in fremde Sphären

Von Annalena Ehrlicher, Grafing

Ein tropischer Regenschauer bricht über die Zuhörer in der Auferstehungskirche Grafing herein - zumindest, wenn man die Augen schließt und sich nur auf das Gehör verlässt. Erzeugt wird das Geräusch von sogenannten Oceandrums, einer Rahmentrommel, die mit tausenden kleiner Stahlkugeln gefüllt ist. "Klangräume" heißt die Veranstaltung unter der Leitung von Eberhard Adamzig, welche die Zuschauer am vergangenen Samstagabend in die weite Welt hinaus entführte. "Wir spielen vor allem auf Instrumenten aus Cuba, Afrika und Brasilien", erzählt der Münchner, "die Idee ist, den Zuhörern Zugang zu neuen Räumen zu eröffnen."

Wie einen Fluss fließen lassen wolle er das Konzert, sagt er zu Beginn der Vorstellung. Und so trägt der Rhythmus der Trommeln den Zuschauer in Windeseile von einem Kontinent zum anderen. Kaum einer kann dabei stillhalten, wann immer es die ausgelassenen Zwiegespräche zwischen den Trommeln erlauben, wird mitgeklatscht. "Wunderbar", "atemberaubend", flüstert es aus dem Publikum, wenn unter Adamzigs Regie der Trommelwirbel ansteigt und alle zehn Ensemblemitglieder in perfektem Einklang sind. Wenn die westafrikanische Bechertrommel Djembé mit den Bongos, kubanischen Handtrommeln, im Wechsel anschwillt, entsteht ein Sog, dem kaum einer widerstehen kann. Andere Stücke hingegen sind so sanft, dass der Zuschauer aufschreckt, wenn Besonderheiten wie die "Heulschläuche", wie Adamzig sagt, zum Einsatz kommen: rote Gummischläuche, die beim Schwingen über dem Kopf, ein oszillierendes sehr hohes Klingen erzeugen.

"Was wir heute Abend machen, ist über Jahre entstanden", erklärt Adamzig. Die Musik und seine Kompositionen seien gereift - "wie eine Feige." Die Gruppe, die unter dem Namen Eberhard Adamzig and Friends auftritt, sei aus verschiedenen Workshops entstanden, erzählt er, "wir kennen uns alle schon ungefähr zehn Jahre". Die Vertrautheit zwischen den Musikern spürt man, blind läuft die Verständigung ab, es wird gelacht und getanzt - auch auf der Bühne bleiben die Füße nicht still. Adamzig selbst wechselt in rasanter Geschwindigkeit die Instrumente.Mal sitzt er am Flügel, dann an der Conga, nur um sich im Anschluss die brasilianische Surdo umzuhängen, eine sehr bauchige Trommel, die vor allem im Samba verbreitet ist. "Ich komme ursprünglich aus der Klassik", sagt Adamzig. Doch unter seiner Hand bekommen die Bachbearbeitungen einen gänzlich anderen Ton und werden liebevoll mit den exotischen Klängen der bauchigen Trommeln, mit Schellen, Regenstäben oder Klatschen unterlegt.

Auch Adamzigs Sohn, Julian Maitinger, gibt eigene Kompositionen zum Besten. Begleitet auf der Gitarre, singt er unter anderem ein Lied, das auf einer Reise durch die USA entstanden ist. Beim Trampen gestrandet, holte er die Gitarre heraus und komponierte einen Song, der an Folksongs wie "500 Miles" erinnert und die Zuhörer in die Weiten der Vereinigten Staaten einlädt. Monika Schenking wiederum entlockt ihrem Akkordeon Klänge, die in ihrer rauen, abgehackten Weise an argentinische Tangos erinnern und gleichzeitig fremd und vertraut an Volksweisen denken lassen. Ihr Gegenstück ist Mechthild Horn mit der Querflöte, die mal fröhlich, mal klagend die Melodie vorgibt.

Die "Türen zu neuen Klangräumen öffnen", wollte Adamzig - was er erreicht hat, ist mindestens eine musikalische Weltreise.

© SZ vom 02.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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